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Florian Trauner, Konstrukteur im Bereich Kranausleger im Liebherr-Werk Ehingen, erklärt den Begriff „TELEMATIK“.
Bei dem Begriff Telematik denken die meisten Menschen eher nicht an einen Mobilkran, sondern an die Verknüpfung der Begriffe Telekommunikation und Informatik. Bei den Spezialgebieten Verkehrstelematik und Flottenmanagement ist man zwar schon wieder mitten in unserer Branche, aber in dieser Ausgabe geht es uns bei TELEMATIK um eine Technik, die vor fast einem Vierteljahrhundert die Welt der Teleskopkrane revolutioniert hat. Florian Trauner, Konstrukteur im Bereich Kranausleger bei Liebherr in Ehingen, erklärt uns den Begriff und die Technik dahinter.
Das Geniale an der TELEMATIK ist die Einfachheit des Systems.
Auch die Liebherr TELEMATIK setzt sich aus zwei Begriffen zusammen: Teleskopausleger und Automatik. Diese Technik ist die Antwort auf die Frage, wie man lange Teleskopausleger schnell und automatisch auf eine gewünschte Länge bringen und dabei möglichst hohe Tragkräfte erzielen kann. Mit der bis dahin üblichen Seilausschubtechnik mit Hydraulikzylinder und Flaschenzug kam man an seine Grenzen, denn diese funktionierte nur gut bei bis zu 4- oder auch 5-teiligen Teleskopauslegern mit einer maximalen Länge von rund 50 Metern.
1995 hatte unser erster Kran mit TELEMATIK-Ausleger, der LTM 1160/2, bereits einen 6-teiligen, 60 Meter langen Ausleger. Drei Jahre später folgte mit 84 Metern Länge und sieben Teleskopteilen der LTM 1500 – ein Weltrekord damals. Das offene Geheimnis der neuen Technologie: Ein einziger Zylinder fährt alle Teleskopteile aus und wieder ein – ganz ohne Seile. Das Geniale dabei ist, dass der nahezu „leere“ Ausleger so besonders leicht wird.
Wie funktioniert das nun genau? Am unteren Ende des Teleskopierzylinders befinden sich rechts und links Bolzen (siehe Grafik: „Mitnehmerverbolzung“), die in den innersten Teleskopteil eingefahren werden, um diesen ausschieben zu können. Nach einem Ausfahrweg von 46, 92 und 100 Prozent findet der Teleskopteil im Obergurt seines direkten Nachbarn eine Öffnung, in die ein kräftiger Bolzen (Grafik: „Teleskopausleger- Bolzen“) eingeführt wird, um beide Teleskopschüsse miteinander zu verriegeln. Nur wenn diese Verriegelung erfolgreich durchgeführt werden konnte, können die Bolzen, mit denen der Zylinder und der innerste Teleskopteil verbunden sind, gelöst werden. Das gewährt eine hohe Sicherheit. Jetzt fährt der Teleskopierzylinder „leer“ zurück und verbolzt sich mit dem zweitinnersten Teleskop. Der Zylinder schiebt nun diesen und gleichzeitig den mit ihm verriegelten innersten Teleskop nach außen. Bei 46, 92 oder 100 Prozent wird dieses „Paket“ nun mit dem dritten Teleskopteil verbolzt. Der Zylinder kann wieder leer zurückfahren und der gleiche Vorgang wird wiederholt. Aus diesem Grund spricht man auch von einem Taktsystem. Theoretisch könnte dieser Vorgang unendlich oft stattfinden. Daher stellt die TELEMATIK kein Limit für die Länge von Teleskopauslegern dar.
Neben den hohen Tragkräften bei großen Ausladungen durch das leichte Teleskopiersystem ermöglicht TELEMATIK starke Werte bei kleineren Ausladungen, da die Teleskopierlänge der einzelnen Schüsse frei gewählt werden kann. Der Kranfahrer schiebt also für diesen Fall die äußeren, großen Schüsse lang aus und die dünnen Teile gar nicht oder nur kurz. Komfortabel dabei: Nachdem in der Kransteuerung die einzelnen Längen vorgegeben wurden, läuft der Vorgang automatisch ab, inklusive aller Verbolzvorgänge. Die Überwachung erfolgt über zahlreiche Näherungsschalter. Den ganzen Prozess verfolgt der Kranfahrer am Bildschirm.
Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolgs dieses Systems ist seine Einfachheit. Denn an den bewegten Teleskopteilen wird lediglich Mechanik benötigt und keine Hydraulik, keine Elektrik oder Pneumatik. Beweis für den Erfolg von TELEMATIK-Auslegern sind Tausende von Liebherr-Mobilkranen mit diesem System, die zuverlässig auf der ganzen Welt arbeiten.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2021.