Liebe/r Leser:in,

wenn wir diesen Artikel mit geschlechtergerechter Sprache beginnen, dann sind wir schon mitten im Thema. Denn orthografisch ist seit einigen Jahren stark auf dem Vormarsch, was sich gesellschaftlich noch nicht so durchgesetzt hat: die Gleichstellung von Mann und Frau. Nun ist es eine Binsenweisheit, dass Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) selten zu finden sind. Umso bereichernder, wenn man das Gespräch mit ihnen sucht – und sich von ihnen ganz direkt erklären lässt, wie sie ihren Werdegang, ihr Umfeld und ihre Mitwirkung bei LWE (Liebherr-Werk Ehingen GmbH) einschätzen.

Kathrin Prinz - Ausbildungsfachkraft Schweißtechnik in unserem Schweißkompetenzzentrum (SKZ)
Kathrin Prinz - Ausbildungsfachkraft Schweißtechnik in unserem Schweißkompetenzzentrum (SKZ)

Frau Prinz, zusammen mit Ihren beiden Kollegen sichern Sie in unserem Schweißkompetenzzentrum (SKZ) die Ausbildung und Qualität rund ums Schweißen. Wie kamen Sie zu diesem Beruf?

Schon als Jugendliche habe ich in einer Schlosserei mit 10 Mann während der Ferien mitgearbeitet. Nach der Schule wollte ich eigentlich Architektur studieren, erfüllte meinem Vater – er führt eine Zimmerei – jedoch den Wunsch, dass alle seine Kinder als erstes einen handwerklichen Beruf erlernen sollten, „als gute Basis!“ In der Schlosserei habe ich mich zum Metallbauer / Konstruktionstechnik ausbilden lassen. Nach drei weiteren Jahren dort ging ich zu einer Schweißtechnischen Kursstätte des Deutschen Verbands für Schweißen und verwandte Verfahren e. V. (DVS), habe dort Schweißer-, Gesellen- und Meisterprüfungen verantwortet und mich berufsbegleitend zum Handwerksmeister, Schweißfachmann und Schweißwerksmeister fortgebildet. Bevor ich zu LWE kam, arbeitete ich in einer Baufirma als Meister und Schweißaufsicht im Stahlbau.

Kathrin Prinz (29) ist Ausbildungsfachkraft Schweißtechnik in unserem Schweißkompetenzzentrum (SKZ). Dort bringt sie Auszubildenden die Grundlagen bei und nimmt den erfahrenen Schweißern alle drei Jahre die Schweißprüfung ab. Auch die Kundendienstmonteure, die im In- und Ausland in Vertriebs- und Servicestandorten für LWE tätig sind, werden im Ehinger SKZ geprüft.

Wie sind Sie dann zu Liebherr gekommen?

Im Rahmen meiner Ausbildung als Schweißfachmann hatten wir die Gelegenheit einer Besichtigung des Liebherr-Werks in Ehingen. Mich haben die Herausforderungen bei der Verarbeitung von hochfesten Feinkornbaustählen sehr interessiert. Auch wie Liebherr diesen Bereich weiterentwickelt und vorantreibt.

Legen Sie im SKZ auch selbst Hand an?

Ja. Schweißen ist anspruchsvoll, braucht Schulung und viel Erfahrung. Insbesondere bei Neuen demonstriere ich die verschiedenen Schweißpositionen. Manche der Auszubildenden und Prüflinge sind anfangs zurückhaltend oder verschlossen. Wenn wir jedoch eine Woche zusammengearbeitet haben, entsteht eine gute Basis.

Jennifer Enderle - Konstrukteurin
Jennifer Enderle - Konstrukteurin

Frau Enderle, Sie sind sozusagen Spitzen-Konstrukteurin. Wie kam es dazu?

Das Interesse an Technik und dem Ingenieurwesen hatte in meinem Leben schon früh einen Platz. An meinem Mädchengymnasium nahm ich ein Jahr lang freitagnachmittags an der „Schüler-Ingenieur-Akademie (SIA)“ teil: Elektrotechnik, Robotik, Spritzguss-Verfahren und andere spannende Dinge standen dort auf dem Plan und die AG bestärkte mich im Interesse für technische Berufe. Als ich dann vom Ulmer Modell erfuhr, einer Kombination aus vollwertigem Studium und vollwertiger Facharbeiterausbildung, gefielen mir Konzept, Vergütung, die gute Aussicht auf Übernahme und der schnelle Einstieg in den Beruf. Nun ist Liebherr auch noch eine Firma mit einem faszinierenden Produkt und einer breit angelegten Ausbildung.

Jennifer Enderle (31) hat zwei Abschlüsse: den Bachelor of Engineering sowie den Facharbeiterbrief „Industriemechaniker“ und arbeitet als Konstrukteurin. In einem Team mit 16 Kollegen und einer Kollegin entwickelt sie die Spitzenausleger der Liebherr-Teleskopkrane von morgen, sodass diese immer den aktuellen Sicherheitsund Kundenanforderungen entsprechen.

Seit 2016 arbeite ich als Konstrukteurin für Spitzenausleger. Vom Einzelteilentwurf über die Detailkonstruktion der ganze Baugruppe bis hin zur Entscheidung, was wir an welcher Stelle wie und mit welchem Fertigungsverfahren bearbeiten, unterliegt alles unserer Planung. Die Anforderung ans Produkt ist schnell gesagt: Sicherheit, Funktionalität, Kundennutzen, Wirtschaftlichkeit, Erfüllung aller Normen und immer der Versuch, alle Vorgänge noch einfacher und sicherer zu machen. Wir haben mit fast allen Abteilungen im Haus zu tun und lernen immer wieder dazu! Und apropos lernen: Seit einem dreiviertel Jahr bin ich auch die Ausbildungsbeauftragte in meiner Abteilung und somit Ansprechperson für die Ausbildung und Praktika der Studenten. Es macht Spaß, mit Schülern und Studenten zusammenzuarbeiten und zu sehen, wie sie sich entwickeln und schnell selbstständig modellieren.

Sehen Sie Unterschiede zwischen Ihnen und Ihren (männlichen) Kollegen?

Kathrin Prinz: Ich sehe Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen: In einer kleinen Firma kennt jeder jeden und man lernt sich schnell persönlich kennen. In einem großen Haus wird oft geredet, ohne dass man sich kennt. Das schafft manchmal Vorbehalte in der ersten Begegnung. In der Zweiten läuft das schon ganz anders. Ich denke, mit der Zeit werden wir zwischen männlich und weiblich nicht mehr unterscheiden…und das wäre für mich dann tatsächlich Gleichberechtigung!

Jennifer Enderle: An Bevorzugung oder Benachteiligung, weil ich eine Frau bin, kann ich mich weder während meiner Ausbildung noch im Berufsalltag erinnern, obwohl ich bis Jahresbeginn die einzige Frau in unserem Team war. Irgendwann ist es hoffentlich nicht mehr erwähnenswert, dass Frauen technische Berufe ergreifen!

Geht die Frauenquote dann eher in die falsche Richtung?

Jennifer Enderle: In der Theorie bewirkt sie sicher, dass Frauen in höhere Positionen gelangen. Das ist in der Praxis aber durchaus nachteilig, weil es ein Geschmäckle mit sich bringt: Ist die nur Quotenfrau? Kann die was? Für mich gilt: Ich möchte mit Stärken und Fachkompetenz punkten, nicht mit meinem Geschlecht.

Wünschen Sie sich trotzdem mehr Kolleginnen?

Kathrin Prinz: In der Zusammenarbeit mit den Männern fehlt es an nichts. Zu Schulzeiten hätte ich es jedoch gut gefunden, nicht das einzige Mädchen zu sein. Da erwartet jeder, dass man Klassenbeste sein muss und der Druck ist echt hoch…manches auch selbstgemacht. In meinen Kursen stelle ich fest, dass die Stimmung in gemischten Gruppen besser ist, die Arbeitsatmosphäre ruhiger. Für eine gute Mischung in der Branche wäre es essenziell, dass Eltern die Berufsausbildung und das Handwerk als ernstzunehmende Alternative zum Studium anerkennen.

Ganz unabhängig vom Geschlecht: Welche Eigenschaften sollte eine Person für die Kran-Branche mitbringen?

Kathrin Prinz: Selbstbewusstsein, Standfestigkeit – und eine Portion Schlagfertigkeit ist auch hilfreich. Und dann braucht es noch die Begeisterung fürs Produkt.

Jennifer Enderle: Stimmt. Außerdem technisches Verständnis, Durchsetzungsvermögen und eine große Frustrationstoleranz. Denn in der Konstruktion klappt nicht immer alles sofort und manchmal müssen auch mehrere Entwicklungsschleifen gedreht werden. Lernfähigkeit und Flexibilität sind hier echt von Vorteil!

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2022.

Das könnte Sie auch interessieren

Download

Hier finden Sie die Kundenmagazine als PDF zum Download.

Kundenmagazine

Produktbereich Mobil- und Raupenkrane

Hier finden Sie die Palette der Liebherr-Mobil- und Raupenkrane.

Mobil- und Raupenkrane

Unser Magazin

Entdecken Sie weitere außergewöhnliche Storys aus dem Bereich der Mobil- und Raupenkrane.

Unser Magazin