Im Gespräch mit Agnes Schauppel und Martin Schwarzmann, Produktmanagement: die Hellseher des Unternehmens

Martin Schwarzmann arbeitet seit 2015 als Produktmanager für den Bereich Verzahntechnik. Zuvor absolvierte er eine Lehre zum Industriemechaniker und studierte anschließend Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule in Kempten, währenddessen er schon als Werkstudent bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH tätig war. Den gleichen Studiengang hat auch Agnes Schauppel, Produktmanagerin für Automationssyteme, besucht. Aber nicht bevor sie in ihrer Ausbildung zur technischen Zeichnerin ihre Leidenschaft zur Technik und den Wunsch zu einer kreativen und abwechslungsreichen Arbeit entdeckte.

Doch bietet das Produktmanagement die gewünschte Abwechslung? Mit was für Herausforderungen hat man in diesem Bereich zu kämpfen? Und was sehen Agnes und Martin in ihren Glaskugeln für zukünftige Entwicklungen im Bereich Verzahntechnik und Automation? Die Antworten gibt‘s im Interview.

Agnes Schauppel, Produktmanagerin Automationssysteme
Agnes Schauppel, Produktmanagerin Automationssysteme

Ihr arbeitet beide im Produktmanagement bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH. Wie sieht die Arbeit eines Produktmanagers aus?

Agnes: Kurz gesagt sind wir den gesamten Lebenszyklus hinweg an der Seite des Produkts. Von der Marktbeobachtung und der Produkt- und Portfoliostrategie zur Produktentwicklung bis hin zur Produktpflege.

Als erster Schritt ist die Marktbeobachtung das A und O. Ob im Gespräch mit Kunden, bei Fachtagungen oder durch Online Medien, wir müssen am Puls der Zeit sein und durch das Sammeln von Informationen antizipieren, wohin sich der Markt entwickelt und was für Produkte in naher und ferner Zukunft gebraucht werden. Dabei ist es wichtig zwischen den Zeilen lesen zu können. Der Kunde sagt uns meistens nicht direkt: „Ich brauche Produkt XY“. Das weiß er oft noch gar nicht. Wir hören im Gespräch heraus, an welchen Stellen der Schuh drückt und dann beginnen die Schrauben im Kopf sich zu drehen. Können unsere bestehenden Produkte die Aufgaben bewältigen oder müssen sie angepasst werden? Müssen komplett neue Produkte entwickelt werden? Das tolle dabei ist: Jedes Problem ist für uns ein Potential, aus dem ein Produkt entstehen kann.

Die Erkenntnisse fließen dann in die Produkt- und Portfoliostrategie. Das heißt, wir planen, wohin sich auf Basis der langfristigen Trends die Produkte entwickeln müssen, wie die Produkte in unserem Sortiment untereinander harmonieren und welche Marktsegmente bedient werden.

Martin Schwarzmann, Produktmanager Verzahntechnik
Martin Schwarzmann, Produktmanager Verzahntechnik

Martin: Dann wird es spannend: die Produktentwicklung. Wir begleiten unsere Kollegen dabei, um fortlaufend Input zu geben und sicherzustellen, dass wir nicht an den Anforderungen des Markts und der Kunden vorbeientwickeln. Das geschieht nicht immer in einer geraden Linie. Wir müssen uns oft selbst hinterfragen, ob die ursprünglichen Annahmen noch zutreffen. Marktsituationen ändern sich und es kommen unerwartete Aufgaben und Herausforderungen auf uns zu. Aber gerade das ist unsere Leidenschaft im Produktmanagement. Es ist schnelllebig, unerwartet und herausfordernd.

Zu guter Letzt, aber auch sehr wichtig, kommt die Produktpflege. Wenn man ein Produkt auf den Markt bringt, ist die Arbeit damit nicht getan, sondern wir betreuen es weiter. Wir beobachten die Reaktionen bei den Kunden, ob neue Anforderungen an das Produkt entstehen und Add-Ons geschaffen werden müssen, behalten die Kosten im Blick und kümmern uns um das Produktmarketing.

Wenn wir jetzt schon sicher wüssten, welche Themen und Trends in der Zukunft im Markt eine Rolle spielen und was der Wettbewerb macht, wäre unser Job super einfach. Wir wären dann allerdings auch überflüssig.

Agnes Schauppel, Produktmanagerin Automationssysteme

Was ist die größte Herausforderung im Produktmanagement?

Agnes: Eindeutig die fehlende Glaskugel. Wenn wir jetzt schon sicher wüssten, welche Themen und Trends in der Zukunft im Markt eine Rolle spielen und was der Wettbewerb macht, wäre unser Job super einfach. Wir wären dann allerdings auch überflüssig. Die Herausforderung ist also, genau zu beobachten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Wie schon erwähnt, müssen die Annahmen immer wieder unter die Lupe genommen und gegebenenfalls revidiert werden.

Martin: Wir bieten sehr technische Produkte an und sind teilweise auch stark vom Projektgeschäft getrieben. Wir haben oft spezielle Kundenwünsche, die über die Branchen hinweg nicht sehr homogen sind. Da ist es sehr schwierig auf die einzelnen Bedürfnisse einzugehen und die richtigen Innovationen anzustoßen.

Welche Themen beschäftigen die Verzahntechnik und Automation gerade besonders?

Martin: In der Verzahntechnik bringt das Thema E-Mobilität gestiegene Anforderungen an die Genauigkeit der Zahnräder mit, da der Elektromotor leiser ist und so keine ungewünschten Geräusche im Getriebe entstehen dürfen. Auch in der Luftfahrt werden die Toleranzen immer kleiner. Da spielen Technologien wie das Anfasen und Wälzschleifen eine große Rolle. Dafür müssen wir Maschinen entwickeln, die höhere Qualität, Produktivität und Prozessstabilität bieten.

Bei manchen Technologien haben wir das schon so weit getrieben, dass wir die physikalischen Grenzen erreicht haben. Schneller und genauer geht nicht mehr. Da geht es dann eher darum, was rund um die Maschine noch passiert. Stichwort: Digitalisierung.

Mit unserer LHWebPlatform können Kunden beispielsweise ihre Maschine überwachen, Signale ausleiten und visualisieren und vorkonfigurierte Berichte ausleiten, die Informationen über beispielsweise Auslastung und Fehler geben. Diese Infos kann man dann nutzen, um die Produktion noch weiter zu optimieren und Stillstandszeiten und Ausfälle zu minimieren.

Agnes: Das beobachte ich auch in der Automation. Ein vorherrschendes Thema sind fehlende Ressourcen. Egal, ob das Personal, Zeit oder Material ist. Automation ist gefragt, die das Beste aus der Produktion herausholt und mit so wenig Ressourcen wie möglich produzieren kann.

Die Qualität der Systeme und die technische Kompetenz sind nach wie vor wichtig. Aber das Optimierungspotential liegt stark in den digitalen Produkten. Wir brauchen benutzerfreundliche Software, die das Bedienen der Systeme gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel einfach macht und Informationen bietet, wie noch effizienter produziert werden kann. Da spielt auch das Thema künstliche Intelligenz (KI) mit rein. Wie wäre es beispielsweise, wenn sich die Automationsanlage selber optimieren kann? Die KI erkennt regelmäßig einen Engpass um 7:30 Uhr, wenn der Bediener noch nicht da ist und schickt die Info: Wir brauchen bereits um 07:00 einen Bediener, um diesen Stillstand zu vermeiden.

Das Thema E-Mobilität beschäftigt uns auch in der Automation. Ein Großteil unserer Kunden kommt aus der Automobilbranche, weshalb wir uns seit einiger Zeit mit der Entwicklung von Lösungen für die Batteriepackmontage beschäftigen. (Mehr dazu im Interview mit Stefan Jehle)

Und wie wird sich der Markt Euren Einschätzungen nach entwickeln? Welche Themen werden in den nächsten Jahren wichtig werden?

Agnes: Ein Trend, den es schon gibt, der aber meiner Meinung nach noch wachsen wird, ist „Automation für jedermann“. Es wird noch stärker automatisiert werden. In Zukunft wird wahrscheinlich in jeder Logistik ein Cobot eingesetzt und die Mitarbeiter werden mit dem Roboter umzugehen wissen. Hier spielen Ansätze wie No-Code oder Low-Code eine Rolle. Die Bedieneroberfläche wird intuitiv und ohne Programmierkenntnisse nutzbar sein müssen. Das hilft dann auch bei der Fachkräftemangel-Thematik. Der Umgang mit Automation wird selbstverständlich werden.

Martin: Ein aktuell brandheißes Thema, das noch mehr an Wichtigkeit gewinnen wird, ist Nachhaltigkeit. Um Energiekosten zu senken und umweltfreundlicher zu produzieren, müssen die Maschinen kompakt und effizient entwickelt werden. Das zieht sich über den kompletten Produktlebenszyklus hinweg durch. Wir bringen beispielsweise mit unserem Reman-Programm alte Maschinen auf den neuesten Stand der Technik, tauschen die alten Komponenten gegen neuere und effizientere aus, um sie dann wieder in den Kreislauf zurückzuführen.

Was war Euer bisher größtes Highlight während der Zeit bei Liebherr?

Martin: Was mir am meisten Freude bereitet, sind Produkteinführungen. Da ist es unmöglich, ein einziges Highlight zu nennen, weil ich schon an so vielen tollen Produkten mitarbeiten durfte. Es ist ein tolles Gefühl nach der Entwicklungszeit, die teilweise zwei Jahre dauert, das Ergebnis der harten Arbeit zu sehen. Man fiebert auf den Moment hin, an dem man es dann dem Kunden vorführt und das erste Feedback bekommt. Wie dieses Jahr, als wir unsere neue Wälzfräsmaschine LC 500 DC auf der AMB in Stuttgart vorgestellt haben. Am Schönsten ist, wenn man das gewünschte Aha-Erlebnis beim Kunden erzielt und wir unsere Annahmen bezüglich Bedarf am Markt bestätigt sehen.

Agnes: Ich analysiere gerne und arbeite mit Begeisterung Strategien aus. Daher ist es gerade mit dem Umschwung vom Verbrenner auf den Elektromotor besonders spannend für mich. Es tut sich viel in unserem Portfolio. Bestehendes muss überdacht, umgekrempelt und neu organisiert werden. Als Teil davon haben wir im Unternehmen auch ein Innovationsmanagement eingeführt, wo jeder Mitarbeiter Ideen einreichen kann. Es macht Spaß die Kreativität der Leute zu sehen und dann auszuwerten, was davon zu einem Business Case wird. Am Ende entsteht daraus unsere Strategie, die die Richtung angeben wird, in die wir die nächsten Jahre gehen und ich bin mittendrin.

Was macht für Euch Liebherr als Arbeitgeber aus?

Agnes: Man spürt die Begeisterung für Technik. An meinem ersten Tag bei Liebherr hat mir nach den ersten Stunden schon der Kopf geraucht, weil ich gefühlt mehr Technik gehört habe, als in meinem halben Studium. Jeder hier ist Vollblut-Techniker und hat einen großen technischen Fokus. Das macht es zwar herausfordernd, aber umso spannender.

Martin: Das kann ich nur unterstreichen. Egal mit wem man redet – in der Fertigung, in der Konstruktion – die Leidenschaft für Technik liegt bei Liebherr quasi in der Luft.

Was das Produktmanagement angeht, merkt man, dass man ernstgenommen wird und viel Vertrauen in uns gelegt wird. Die Geschäftsführer nehmen wahr, was wir zu sagen haben und wir bekommen den nötigen Gestaltungsspielraum. Generell ist der Umgang in der Firma auf Augenhöhe und sehr familiär. Man spürt auch die Liebherr-Familie im Unternehmen.

Agnes: Das stimmt. Wenn wir die Mitglieder der Liebherr-Familie treffen, suchen sie das Gespräch mit uns und sind ernsthaft an unseren Einschätzungen und Meinungen zum Markt interessiert. Das gibt ein Gefühl der Wertschätzung. Daher kommen auch das Vertrauen und der Freiraum in unserer Liebherr-Gesellschaft. Was von der Familie vorgelebt wird, spiegelt sich dann in der Leitung der Gesellschaften wider.

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