
Brot und Käse zur Weinprobe?
Eine Weinprobe im Kreis gleichgesinnter Freunde kann ebenso vergnüglich wie informativ sein. Dazu werden frisches Weißbrot, Käsewürfel oder andere kleine Snacks gerne gereicht, damit der Wein besser schmeckt und nicht so schnell zu Kopf steigt. Bei professionellen Weinproben ist dies hingegen unerwünscht – und geschluckt wird dort der Wein auch nicht!
Das Wichtigste in Kürze
- Snacks wie Brot und Käse werden oft bei Weinproben gereicht.
- Professionelle Weinproben haben keine Snacks und der Wein wird ausgespuckt.
- Brot kann den Geschmack des Weins beeinflussen.
- Eine Gaumenneutralisation ist meist nicht nötig.
- Bei Wechseln zwischen Weinen hilft stilles Wasser zur Reinigung des Gaumens.
Weinproben auf Weinmessen: Einblicke in die Profiwelt
Von März an beginnt sie wieder – die Zeit der großen Weinproben. In den nächsten Monaten, da nun nach und nach der neue Jahrgang abgefüllt und ausgeliefert wird, haben die Weinprofis einen vollen Terminkalender. Es ist kein Zufall, dass alle bedeutenden Weinmessen (die meist jedoch nur Fachbesuchern vorbehalten sind) in diesen Wochen ihre Tore öffnen. Die Mitte März in Düsseldorf stattfindende Prowein eröffnet quasi das Weinjahr für professionelle Einkäufer und Journalisten, darauf folgen im Frühling die anderen großen europäischen Messen wie die Vinitaly in Verona oder die London Wine Trade Fair.
Die fachliche Verkostung der Weine auf diesen Messen unterscheidet sich jedoch nicht nur durch die ungeheure Fülle der vorgestellten Weine von jenen Weinproben, wie man sie im Freundeskreis, beim Weinhändler oder Winzer erlebt, sondern auch durch so manch anderes, für den Laien vielleicht überraschendes Detail.
Professionelle Weinprobe: Tipps von Weinprofis

Bei einer professionellen Weinprobe werden weder Käse noch Brot gereicht, noch wird der Wein geschluckt.
So ist es zum Beispiel bei den Profis absolut verpönt, den Wein zu schlucken – nach der Analyse des Probeschlucks wird dieser stets in eigens dafür aufgestellte Behältnisse wieder ausgespuckt. Dies ist schon allein angesichts der Menge der zu verkostenden Weine unumgänglich: Nicht selten kommen fleißige Weintester an einem Tag auf über hundert Proben.
Eine weitere Unterscheidung von professionellen Verkostungen und eher genüsslichen Weinproben ist das völlige Fehlen von Brot oder ähnlichen Häppchen, die man als Weinfreund gerne zur „Neutralisation“ zwischen zwei Weinen zu sich nimmt.
Denn das Brot verhält sich leider überhaupt nicht so neutral, wie gerne angenommen wird, sondern nimmt selbst einen nicht geringen Einfluss auf die Sensorik. Die Stärke des Mehls wird nämlich beim Kauen bereits im Mund zu einem gewissen Teil in Zucker umgewandelt, und dieser lässt dann beim nachfolgenden Wein die Säure oft höher erscheinen, als sie tatsächlich ist.
Ähnlich verhält es sich mit Nüssen oder Mandeln, die ebenfalls gerne bei privaten Weinproben gereicht werden, von Profis jedoch nicht gern gesehen werden.
Neutralisation des Gaumens zwischen Weinen
Eine Neutralisation des Gaumens nach jedem Wein ist im Übrigen nicht erforderlich. Das Geschmacksbild eines neuen Weines löscht das des vorhergehenden fast immer völlig aus.
Lediglich beim Wechseln der Weinarten, also wenn man von schweren Rotweinen auf leichte Weißweine übergeht oder insbesondere von süßen zu trockenen Gewächsen, nimmt ein Weinprofi einen Schluck Wasser (am liebsten stilles), um die Zunge zu „reinigen“.

Der Autor
Frank Kämmer
Ich habe viele Jahre in der Spitzengastronomie gearbeitet und wurde in dieser Zeit zu den führenden europäischen Sommeliers gezählt. Im Jahr 1996 gelang es mir mit dem Titel eines „Master Sommeliers“ die höchste internationale Qualifikation meines Berufstandes zu erlangen. Ich bin heute hauptberuflich als Consultant in der internationalen Wein- und Gastronomiebranche tätig. Ebenfalls habe ich zahlreiche Bücher zum Thema Wein und Spirituosen veröffentlicht und wurde als erster Deutscher in den britischen Circle of Wine Writers aufgenommen.


