Nachhaltigkeit und Umweltschutz

„Die Energiewende wird teuer!“ Schlagzeilen dieser Art waren und sind immer wieder in den Medien zu lesen. Aber längst ist auch klar: „Keine Energiewende“ ist unbezahlbar. Der Klimawandel kostet bereits jetzt Unsummen an Geld und leider auch Menschenleben. Australien ist nur eins der jüngeren Beispiele: extreme Trockenheit mit verheerenden Waldbränden gefolgt von Jahrhundertüberschwemmungen. Weltweit suchen Millionen von Klimaflüchtlingen eine neue Heimat. Tendenz: steigend!

Offene Fragen

Werden die Klimaziele aus dem Pariser Abkommen von 2015 erreicht werden? Sind sie überhaupt ausreichend? Das wissen wir (noch) nicht. Aber wir wissen, dass wir alle unseren Teil beitragen müssen, als Verbraucher und als Produzenten. Für beide gilt gleichermaßen: Wichtige Entscheidungen stehen an. Aber um richtige Entscheidungen treffen zu können, brauchen wir fundiertes Wissen, insbesondere darüber, wo die Reise hingeht. Und genau da gibt es noch viel Unsicherheit. Welche Heizung soll ich in mein Haus einbauen? Ist sie dann auch wirklich nachhaltig? Elektroauto mit Batterie oder doch Brennstoffzelle? Was wird die Zukunft noch bringen? Man liest von der Entwicklung neuer Batterien mit deutlich höheren Kapazitäten, die viel schneller zu laden und noch kostengünstiger sind. Auch bei Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie sind interessante technische Entwicklungen im Gange. Aber funktionieren diese nur unter Laborbedingungen oder sind sie für die Massenproduktion geeignet und bezahlbar?

Gute Nachrichten

Bei all den offenen Fragen gibt es mindestens eine gute Nachricht: Sonne, Wind und Wasser liefern mehr als genug Energie. Und bei der weltweiten Nutzung dieser erneuerbaren Energiequellen zeigt die Kurve steil nach oben. So hat beispielsweise China 2020 doppelt so viele Anlagen für Wind- und Solarenergie gebaut wie im Jahr zuvor: 72 Gigawatt aus Wind plus 48 Gigawatt Solarenergie in nur einem Jahr. Andere Länder geben beim Ausbau der erneuerbaren Energien ebenfalls richtig Gas.

Auch als Unternehmen müssen wir gute Entscheidungen treffen, für uns und unsere Kunden. Denn sie benötigen weiterhin leistungsstarke, wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Produkte. Nachhaltigkeit darf nicht zu Einbußen bei diesen Eigenschaften führen.

Technologieoffenheit

Liebherr baut Maschinen, die unter ganz unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedensten Anwendungsfeldern zuverlässige Leistung bringen. Maschinen, mit denen unsere Kunden die unterschiedlichsten Projekte bewältigen und Geld verdienen. Maschinen, an die sehr komplexe Anforderungen gestellt werden. Wie geht Liebherr mit diesen aktuellen Herausforderungen um? Technologieoffen! Das heißt auch: Wir schließen keine Antriebstechnik von vornherein aus. Wir schauen uns jede unserer Maschinen ganz genau an und fragen, mit welchem Antrieb wir die Bedürfnisse unserer Kunden und die Anforderungen der Umwelt am besten unter einen Hut bekommen. Aus diesem Grund forscht und entwickelt Liebherr in ganz unterschiedliche Richtungen.

Elektrische Antriebe mit Stromkabel oder Batterien sind für einige Maschinen eine gute Variante. Wo diese Technologie an ihre Grenzen kommt, könnte Wassersstoff eine mögliche Alternative sein. So arbeitet Liebherr beispielsweise mit Hochdruck an der Entwicklung von Wasserstoffmotoren. Auch die Entwicklung CO2-neutraler Kraftstoffe kann einen wichtigen Beitrag leisten, um den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen.

So dürfen Sie sich also auf viele spannende Artikel und Themen unserer neuen Serie „Nachhaltig“ in den nächsten Ausgaben von UpLoad freuen. Und noch eine gute Nachricht: Wir konnten in der Vergangenheit schon viel erreichen und sind aktuell dabei, Detaillösungen umzusetzen, die schon sehr viel bewirken. Schauen wir uns einige Beispiele aus dem Bereich Mobil- und Raupenkrane an.

Abgasemissionen um über 95 Prozent reduziert

Seit nahezu 40 Jahren entwickelt und baut Liebherr eigene Dieselmotoren. Insbesondere im Bereich Abgasemissionen wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt. Das ging einher mit den stufenweise immer strengeren gesetzlichen Vorgaben. Für Fahrzeugkrane gilt in Europa aktuell die Abgasemissionsrichtlinie Stufe V. In den letzten 20 Jahren konnten so die Abgasemissionen in mehreren Schritten um über 95 Prozent reduziert werden – im harten täglichen Einsatz auf der Straße und der Baustelle. Dabei geht es insbesondere um Stickoxide und Rußpartikel. Sie können heute mit einem weißen Handschuh in den Auspuff greifen. Er bleibt sauber. Ruß ist im Fahr- und im Kranbetrieb an der Grenze der Messbarkeit. Damit bieten neue Motoren und Abgasnachbehandlungssysteme enormes Potential, denn bisher gelten die Grenzwerte nach Stufe V nur in Europa. Und auch dort natürlich nur für die Neuen.

Durch den Austausch älterer Krane gegen neue könnten die Abgasemissionen in Summe noch schneller und wirksamer reduziert werden, als das ohnehin schon geschieht. Das wäre jedenfalls wesentlich effektiver, als weitere Verschärfungen der ohnehin sehr niedrigen, mit großem Aufwand erreichten Grenzwerte

CO2-Reduzierungen durch technische Entwicklungen

Vor knapp zehn Jahren haben wir mit der Einführung von ECOmode und ECOdrive begonnen. ECOdrive spart im Fahrbetrieb des Krans rund 5 Prozent Kraftstoff und CO2 ein. Bei ECOmode im Kranbetrieb sind es bis zu 10 Prozent. Dies wird ausschließlich durch intelligente Software erreicht. Beinahe zeitgleich haben wir unsere Kranpalette komplett auf das Single-Engine-Konzept umgestellt. Das heißt, es wird anstelle von je einem Motor für Fahren und Heben nur noch ein gemeinsamer Motor verbaut. Dies reduziert die CO2-Bilanz bei der Herstellung und Wartung zusätzlich.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind unsere Fortschritte im Leichtbau. Wir holen heute mindestens die gleiche Leistung aus einem Kran, der deutlich weniger wiegt als früher. Ein Beispiel: Unser aktueller 5-Achser LTM 1250-5.1 schafft Hübe, die vor wenigen Jahren der 6-achsige LTM 1250-6.1 gemacht hat. Damit fährt heute ein 60 anstelle eines 72 Tonnen schweren Krans auf die Baustelle (mit einem Maximalballast von 148 statt 169,5 Tonnen). Innerhalb von nur 10 Jahren haben wir sein Gewicht um rund 15 Prozent verringert. Das bedeutet einen entsprechend geringeren Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß im Betrieb des Krans auf der Straße und bei der Kranarbeit. Diese Einsparung bei den 250-Tonnern kann auf alle anderen Krantypen übertragen und der Zeitraum auf 30 Jahre extrapoliert werden – da kommt dann eine sehr beträchtliche Menge an CO2-Reduktion zustande!

CO2-neutrale Kraftstoffe

Ein sehr interessanter Ansatz beruht dabei auf folgender Überlegung: Vielleicht muss man ja gar nicht bei den Motoren ansetzen, sondern bei den Kraftstoffen. Vielleicht müssen wir an den Antriebssträngen der Maschinen gar nicht so viel verändern, sondern sie stattdessen anders betanken. Die größte Herausforderung dabei ist die Kraftstoffspeicherung am Kran. Heute gibt es hierfür den Dieseltank. Es können sich aber, wie zum Beispiel bei Wasserstoff, neue Problemstellungen ergeben durch gravierende Unterschiede beispielsweise in Gewicht, Volumen, Druck und Temperatur des Kraftstoffs.

Hydrierte Pflanzenöle (HVO, Hydrogenated Vegetable Oils) sind diesbezüglich problemlos und darum eine spannende Alternative. Dabei handelt es sich um Fette, die unter Zugabe von Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Sie werden hauptsächlich aus Pflanzenölund Speiseölabfällen gewonnen. Aus Müll wird Kraftstoff! Da sich die Eigenschaften ziemlich genau einstellen lassen, kann der Kraftstoff in beliebigen Mischungen und sogar als Reinkraftstoff zum Einsatz kommen. Dadurch werden Treibhausgasemissionen deutlich verringert.

Wir finden diese Kraftstoffe auch deswegen äußerst interessant, weil Liebherr sehr langlebige Industriemaschinen herstellt. Wenn Deutschland und die EU ihre Schadstoffgrenzen in den kommenden Jahren weiter heruntersetzen, bedeutet das nicht, dass ältere Maschinen mit Dieselantrieb einfach ausgemustert werden. Im Gegenteil: In Asien, Afrika oder Südamerika laufen sie noch viele Jahre weiter und beeinflussen so auch unser Klima.

Unabhängig davon, ob und wie schnell wir mehr Maschinen mit CO2-sparenden alternativen Antrieben ausstatten, kann die Weiterentwicklung von Kraftstoffen auf der Basis von hydrierten Pflanzenölen oder synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien einen wichtigen Beitrag leisten, um den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen. Schneller und wirksamer als mit HVO kann man es nicht machen!

Derzeit arbeiten wir daran, unsere ganze Mobil- und Raupenkranflotte HVO-ready zu machen. Dazu haben wir unsere Krane bereits umfangreich getestet und erprobt. Bei einem 5-achsigen Mobilkran sinkt beispielsweise der CO2-Ausstoß um 74 Prozent, wenn das gesamte Kranleben einschließlich seiner Produktion berücksichtigt wird. „Cradle to Grave“: von der Wiege bis ins Grab. Das ist ein Meilenstein im Bereich der CO2-Emissionen. Die wesentliche Reduktion kommt natürlich während der langen Betriebsphase, auch wegen der hohen Lebensdauer unserer Krane.

Damit HVO oder andere synthetische Kraftstoffe auch für unsere Kunden attraktiv werden, müssen sie natürlich, ähnlich wie heute Diesel, flächendeckend und in ausreichender Menge an Tankstellen verfügbar sein. Das geht nicht von heute auf morgen. Aber wir machen den Anfang.

Local Zero Emission

Immer mehr Städte und Regionen möchten sich neben dem Ziel „Klimaneutralität“ auch die lokale Abgasreduktion auf Null auf ihre Fahnen schreiben. Unter dem Gesichtspunkt dieser „Local Zero Emission“-Strategie entwickeln wir uns daher ebenfalls weiter. Hierzu werden wir Anfang 2022 ein serien- und praxistaugliches Gerät, ausgestattet mit einem zusätzlichen elektrischen Kranantrieb, zeigen können. Allzu viel wollen wir noch nicht verraten. Aber es handelt sich um einen besonders kompakten Kran mit Hybridantrieb, der auch gut bei Hallenarbeiten eingesetzt werden kann.

Für all die zuvor beschriebenen, eminent wichtigen Veränderungen und Entwicklungen gilt: Fortschritt und Innovation entstehen in evolutionären Prozessen. Man muss ständig am Ball bleiben und darf nie nachlassen. Machen wir es hierbei wie sonst auch: gemeinsam, Sie und wir, in einem erfolgreichen Team.

Liebherr-Vertreter Thomas Bohlin und Eirik Kynningsrud (rechts) bei der Kranübergabe.
Liebherr-Vertreter Thomas Bohlin und Eirik Kynningsrud (rechts) bei der Kranübergabe.

Inspiration in Oslo

Im Jahr 2019 hat die EU-Kommission Oslo zur europäischen Umwelthauptstadt ernannt – vor allem wegen der Erhaltung von Naturgebieten und der geringen Luftverschmutzung. Darauf ruht sich die Hauptstadt Norwegens aber keineswegs aus. Im Gegenteil: Sie will ihre Emissionen bis 2030 um 95 Prozent senken und Inspiration für andere Städte sein.

Nur unweit der ehrgeizigen Hauptstadt hat das nicht weniger ambitionierte Kran- und Transportunternehmen Kynningsrud Nordic Crane AS seinen Hauptsitz. „In Norwegen müssen wir uns der Herausforderung stellen, dass unsere Regierung Baustellen mit Nullemission haben möchte“, erläutert Firmenchef Eirik Kynningsrud. „Und wir wollen ein führendes Unternehmen für derartige Projekte sein. Wir versuchen immer, als grüne Alternative zu punkten.“

Kynningsrud hat daher bereits viele ältere Mobilkrane durch neue Geräte mit Motoren der Abgasemissionsstufe V ersetzt. Des Weiteren wurden die ersten Mobilbaukrane vom Typ MK 88-4.1 gekauft, die entsprechend der Forderung „Local Zero Emission“ auf der Baustelle mit Strom betrieben werden können. Weitere Krane sind fest eingeplant.

Die neueste Errungenschaft von Kynningsrud ist ein LR 1250.1 unplugged, ein batteriebetriebener Raupenkran des Liebherr-Werks Nenzing. Eirik Kynningsrud hat den Kran bestellt, bevor er ihn gesehen hat: „Es ist gut, dass wir emissionsfrei arbeiten können und natürlich zieht das einige Aufmerksamkeit auf sich und sorgt für positive Publicity. Wir wollten das führende Unternehmen für die Lieferung emissionsfreier Krane sein. Die Zukunft der Kranindustrie in Norwegen ist emissionsfrei.“

Kynningsrud ist offen für alle Alternativen, mit denen Abgase und CO2-Emissionen reduziert werden können. Das Unternehmen war daher ein wertvoller Partner, den Einsatz von HVO-Kraftstoff in Liebherr-Mobilkranen zu testen. Der Feldtest mit HVO, das in Skandinavien bereits sehr verbreitet ist, ging über ein Jahr mit 2.200 Betriebsstunden. Die positiven Ergebnisse bestätigten eigene Tests bei Liebherr in Ehingen mit rund 7.000 Liter HVO.

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2021.

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