Dioramenbau_Bühne

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Baugeschichte(n): Kleines ganz groß

Dass der Zauber immer im Detail steckt, wusste bereits Theodor Fontane. Wie recht er damit hatte, zeigt der dritte und etwas andere Beitrag unserer Serie Baugeschichte(n) – denn dieses Mal haben wir einen Blick auf Bauwerke der ganz speziellen Art geworfen.

Der Ursprung einer Leidenschaft

Begonnen hat alles im Jahr 2008 mit dem Modell eines 924 Compact von Liebherr. Markus Thalmüller aus dem baden-württembergischen Rangendingen befand sich gerade in seiner Ausbildung zum Maurer, als er die Nachbildung des Raupenbaggers erwarb. Doch das Schmuckstück sollte sein Dasein nicht lediglich im Schaukasten fristen: „Das Modell war mir zu schade dafür, um es nur in der Vitrine stehen zu lassen“, erinnert sich Thalmüller. Um den Raupenbagger richtig in Szene zu setzen, kam ihm schließlich die Idee zum Bau eines Dioramas. Verschiedenste Szenarien lassen sich mit Hilfe von ganz unterschiedlichen Dioramen-Formen darstellen – so sind sie etwa häufig in den Sammlungen von Naturkunde- oder Technik-Museen zu betrachten. Großer Beliebtheit erfreuen sich Dioramen aber auch im Modelleisenbahnbau – und genau in diesem Bereich hat Markus Thalmüller sich damals umgesehen und den Grundstein für seine Leidenschaft gelegt.

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3, 2, 1... Abriss!

Vor düsterer Kulisse ist der R 960 Abbruch hier ganz in seinem Element. Wilde Kletterpflanzen wuchern an dem tristen Bauwerk nach oben, das der Raupenbagger schon zur Hälfte abgerissen hat. Die Grundlage für das marode Gebäude besteht aus einem im CAD entworfenen Bausatz, der zahlreiche Möglichkeiten zur weiteren Gestaltung bietet. Ein CO2-Laser schneidet die Teile grob aus, dann ist Fingerspitzengefühl gefragt: Der Bausatz wird den individuellen Wünschen entsprechend nachbearbeitet und verklebt. Das Besondere an diesem Diorama sei die lasergravierte und detailgetreue Ziegelfassade, erzählt Markus Thalmüller. Einzelne Ziegel hat er sogar in den Bauschutt integriert, der sich vor dem Modell des R 960 auftürmt. Bei genauerem Hinsehen lassen sich viele weitere Details entdecken: eine Regenrinne aus einem Stück Rundholz, deren Farbe an einigen Stellen bereits abgeplatzt ist; zerbrochene Fensterscheiben, die Thalmüller aus dicker transparenter Folie hergestellt hat, sowie einen Hydranten aus dem 3D-Drucker. Aus dünnen Metalldrähten gefertigter Armierungsstahl bohrt sich aus dem Gerippe der Gebäudefassade heraus und lässt das Diorama besonders wirklichkeitsgetreu erscheinen. Rund 10 Stunden hat Thalmüller an diesem Szenario gearbeitet, dessen Grundfläche aus einer Hartschaumplatte und Gips besteht. Viele verschiedene Farben, aufgetragen mit der Airbrush, sorgen für ein realistisches Erscheinungsbild und die richtige Abriss-Stimmung.

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Step by step

Im Vergleich zu heute war sein erstes Diorama jedoch eher simpel gehalten. „Die Materialien für den Modellbau sind teuer und man braucht eine ganze Menge davon“, berichtet der passionierte Bastler. Während das Gras beim Modell der ersten Stunde schlicht und einfach über die mit Kleber bestrichene Grundfläche gestreut wurde, läuft Thalmüllers Dioramenbau heute deutlich professioneller ab. Um die Grasfläche eines Dioramas möglichst realistisch wirken zu lassen, nutzt Thalmüller ein spezielles Gerät, das die Grasfasern durch einen Kondensator elektrostatisch auflädt und in senkrechter Haltung ausgibt – so lässt sich der 3D-Effekt der Begrasung besonders gut erzeugen. Noch mehr Tiefe und plastische Realität wird den Grasflächen durch vorheriges Kolorieren und die Kombination verschiedener Fasern verliehen: „Erst das Spiel mit Grasfasern in unterschiedlichen Farben und Längen zwischen 0,2 und 1,6 cm sorgt für ein realistisches Bild. Je nach Diorama kommen für die Erdflächen auch andere Materialien wie Sand oder Schotter zum Einsatz – manches davon muss dem Maßstab entsprechend zerkleinert werden.“ Doch bevor es überhaupt an die Gestaltung der Grundfläche und den Feinschliff geht, braucht es eine passende Grundlage. Los geht’s mit dem Unterbau: In Abhängigkeit davon, wie aufwendig das Diorama gebaut werden soll, gibt es auch dabei verschiedenste Möglichkeiten und Materialien zur Konstruktion. Als Basis kann beispielsweise Styropor, leichter Schaumstoff, bearbeitetes Holz oder eine Multiplexplatte dienen – bei sehr kleinen Dioramen sogar Karton.

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Einsatz am Wasser

In diesem Diorama besteht die Unterkonstruktion aus Styrodurplatten in unterschiedlichen Stärken, die mit Gips überzogen und aufgefüllt sind, um eine stabile Basis zu schaffen. Kleine Metallstücke fassen das Erdreich ein und stellen in passender Färbung den Fundamentschutz dar. Für die Gestaltung von Gewässern kann auf einfache Möglichkeiten wie Kunststofffolien zurückgegriffen werden, die sich dann entsprechend zuschneiden lassen – in professionelleren Varianten wie hier, kommen verschiedene flüssige Materialien aus ein oder zwei Komponenten zum Einsatz, die nach dem Eingießen in ein vorbereitetes See- oder Bachbett aushärten. Eine Schicht aus kleinen Steinchen in verschiedenen Körnungen überzieht das Erdreich, das mit Markierungspflöcken aus Streichhölzern eingegrenzt ist. Abgerundet wird das Diorama mit vielen weiteren Details und Objekten – so fügt sich das Modell des Drehbohrgeräts LB 28 harmonisch in die Szenerie ein und verrichtet seinen Job am Wasser.

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In kleinen Dimensionen denken

Mittlerweise ist Markus Thalmüller ein absoluter Profi, denn seit mehr als einem Jahrzehnt fertigt er seine Dioramen mit viel Fantasie und Fingerspitzengefühl – und die Liebe zum Detail zahlt sich aus. Durch die oft aufwendig gestalteten Szenarien, die geschickte Veränderung des Maßstabs und das Fotografieren in realer Landschaft wird ein vermeintlich nahtloser Übergang geschaffen und eine so realistisch anmutende Illusion erzeugt, dass sie selbst auf den zweiten Blick nicht immer als solche erkennbar ist. In rund 13 Jahren ist der Dioramenbau für Markus Thalmüller schließlich mehr als ein Hobby geworden: Inzwischen hat er ein Kleingewerbe angemeldet und sich auf 40 qm eine Werkstatt eingerichtet, in der er auch Kundenaufträge aus dem In- und Ausland bearbeitet. „Die Fläche wird gut ausgenutzt, denn abgesehen von meinen Materialien und Werkzeugen lagere ich dort oft auch einige Auftragsdioramen ein“, ergänzt der Modellbauer lachend. „Als Grundlage für ein Wunschdiorama dienen häufig Fotos oder Skizzen. Dann wird die Größe bestimmt und natürlich auch das Szenario – beispielsweise Kanalbau.“ Spezialisiert hat Thalmüller sich auf den Maßstab 1:50, in Ausnahmefällen hat er für Kunden auch schon Dioramen in den Maßstäben 1:32 oder 1:87 erstellt.

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Volle Fahrt voraus

Im dritten Beispiel hat Markus Thalmüller eine Styroporplatte als Untergrund für die Bahnschienen aus dem 3D-Drucker verwendet, auf denen das Zweiwegebagger-Modell A 922 Rail im Einsatz ist. Der restliche Unterbau besteht aus modelliertem Gips und bildet die Grundlage für eine Landschaft, die mit Büscheln, Gräsern, Erd- und Abbruchmaterial sowie verschiedenen Anbauwerkzeugen des Zweiwegebaggers ein wirklichkeitsgetreues Bild ergibt. Für den entsprechenden Anstrich von Materialien und Modellen sorgt Farbe aus der Spraydose, dann geht es an die Feinarbeit: Mit Pinsel und Airbrush lassen sich sogar Alterungsprozesse darstellen – auch hier ist deutlich zu sehen, dass der Zahn der Zeit an den Bahnschienen genagt und sie bereits mit Rost überzogen hat.

Maßstabswechsel

Einem seiner Modelle ist sogar schon besondere Präsenz auf der Bauma zuteilgeworden: Ein Unternehmen aus den Niederlanden gab das Diorama in Auftrag und stellte es anschließend auf seinem Stand zur Schau. Die Leitmesse der Baumaschinenbranche hat übrigens auch eine kleine Schwester, die sich voll und ganz den Miniaturausgaben widmet: Die Mini-Bauma, eine im Technik Museum Sinsheim jährlich stattfindende Modellbauausstellung, die sich in der Dioramen-Szene großer Beliebtheit erfreut und auch für Markus Thalmüller eine schöne Gelegenheit zur Ausstellung seiner Schmuckstücke bietet: „Nachdem das 25-jährige Jubiläum 2020 durch die Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, hoffe ich natürlich darauf, dass dies 2022 nachgeholt werden kann.“ Bis es soweit ist, kann Thalmüller noch eine ganze Reihe an Dioramen anfertigen – im Schnitt erstellt er eines pro Woche. Entscheidend für die Dauer ist jedoch die Größe des Dioramas und um welchen Schauplatz es sich handelt: „Für ein kleines Diorama benötige ich etwa 3 bis 4 Stunden, bei einem Abbruch-Szenario können es aber auch mal 15 Stunden werden“. Thalmüller investiert viel Zeit in den Dioramenbau und perfektioniert seine Technik laufend weiter, denn: „Immer wieder kommen neue Tricks hinzu, wie man bestimmte Materialien am besten befestigen kann.“

Vom Miniatur-Modell zur Superlative

Bis heute hat Markus Thalmüller seine Leidenschaft für Liebherr-Maschinen nicht verloren. Inzwischen zieht sie sich im Maßstab 1:1 sogar durch sein Berufsleben: Seit einigen Jahren ist er bei einem Straßenbauunternehmen beschäftigt und fährt dort einen A 918 Mobilbagger. Aber auch die Sammlung von Liebherr-Modellmaschinen ist im Laufe der Jahre ordentlich angewachsen – 30 Nachbildungen besitzt Thalmüller mittlerweile, darunter Radlader und Raupenbagger. Und immer dann, wenn er die Modelle aus ihrer Vitrine holt, erschafft er mit ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die perfekte Illusion einer eigenen kleinen Welt.

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