
4 Minuten - Magazin 02 | 2025
Im Einsatz mit HVO
„Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen“
Wir bei Liebherr in Ehingen betanken bereits seit September 2021 alle neuen Mobil- und Raupenkrane ausschließlich mit reinem HVO für Testfahrten und Kranabnahmen sowie für die Erstbetankung vor Auslieferung.
Damit sind wir Vorreiter in der Mobilkran-Branche. HVO-Kraftstoff, der aus hydrierten Pflanzenölen besteht, leistet einen wichtigen Beitrag, um den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen. Im Betrieb können so bis zu 90% CO2-Emissionen eingespart werden.
Nina Schwarze ist ebenfalls eine Vorreiterin. Sie ist Geschäftsführerin der Schwarze ASC GmbH und hat ihr Unternehmen ebenso auf HVO umgestellt. Wir haben sie zu ihrer Motivation und Strategie befragt.
Frau Schwarze, Ihr Unternehmen ist in der Kran- und Schwerlastbranche tätig – einem Bereich, der oft als besonders emissionsintensiv gilt. Trotzdem setzen Sie stark auf Nachhaltigkeit. Wie kam es dazu?
Nina Schwarze: Nachhaltigkeit ist für uns kein kurzfristiger Trend, sondern ein fester Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Wir möchten zeigen, dass auch in unserer Branche ökologisch verantwortungsvolles Handeln möglich ist. Seit Jahren arbeiten wir daran, Prozesse zu optimieren, Emissionen zu reduzieren und Mitarbeitende für das Thema zu sensibilisieren.
Seit März 2025 läuft Ihr gesamter Betrieb mit HVO. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Nina Schwarze: Ich wurde erstmals bei den Liebherr-Kundentagen auf HVO aufmerksam – das Thema hat mich sofort begeistert. Was mich überzeugt hat: Mit HVO können wir unsere vorhandenen Maschinen nahezu CO₂-neutral betreiben, ganz ohne Umrüstungen oder gar vorzeitige Verschrottung intakter Technik. Das ist für mich echte Nachhaltigkeit – pragmatisch, wirkungsvoll und sofort umsetzbar.
Welche Auswirkungen hat die Umstellung konkret?
Nina Schwarze: Durch den vollständigen Wechsel auf HVO sparen wir jährlich rund 850 Tonnen CO₂ ein. Das entspricht dem CO₂-Ausstoß von 100 bis 120 deutschen Haushalten – oder der Bindungsleistung von etwa 68.000 Bäumen.
Gab es Herausforderungen bei der Umsetzung?
Nina Schwarze: Ja – vor allem die fehlende politische Unterstützung. Es gibt weder Förderprogramme noch steuerliche Vorteile, dafür aber höhere Kosten. Allein HVO verursacht bei uns Mehrkosten von rund 35.000 Euro pro Jahr, die wir aktuell selbst tragen. Trotzdem war uns klar: Wir ziehen das durch. Die Entscheidung fiel aus Überzeugung – nicht, weil es gerade en vogue ist.
Wie sieht Ihre Nachhaltigkeitsstrategie darüber hinaus aus?
Nina Schwarze: Wir setzen auf viele kleine und große Maßnahmen: LED-Beleuchtung, Regenwassernutzung, eine firmeneigene Photovoltaikanlage mit Ladesäulen, ein fast vollständig elektrifizierter Fuhrpark – sogar eine Bienen-AG mit eigenem Betriebsimker gehört dazu. Nachhaltigkeit beginnt bei uns schon in der Ausbildung: Unsere Fahrschüler lernen ressourcenschonende Fahrweise von Anfang an.
Wie reagieren Ihre Kunden auf die grüne Ausrichtung?
Nina Schwarze: Sehr positiv. Immer mehr Auftraggeber legen Wert auf nachhaltige Lösungen – gerade bei öffentlichen oder sensiblen Bauvorhaben. Unsere Umstellung auf HVO ist auch ein Signal an den Markt: Es geht – wenn man will.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Nina Schwarze: Einen stabilen HVO-Markt, mehr politische Unterstützung – und vor allem, dass Nachhaltigkeit in unserer Branche zur Selbstverständlichkeit wird. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Region, unsere Mitarbeitenden und die nächsten Generationen. Und wir freuen uns, dass Liebherr diesen Weg mit uns geht.
Was ist HVO?
Hydrogenated Vegetable Oils – Kraftstoff aus hydrierten Pflanzenölen
Rohstoffe: Pflanzliche Öle und Fette der Lebensmittelindustrie (bevorzugt Abfälle wie z. B. gebrauchtes Speiseöl, Fettreste). Bei Liebherr in Ehingen ohne Palmöl.
Unterschied zu Diesel: Geringere Dichte und geringere Abgasemissionen Beimischung: In Reinform (100 % HVO) oder in jedem beliebigen Verhältnis mit Diesel
Norm: EN 15940 (synthetischer Kraftstoff)
Die Vorteile
Bei einem 5-achsigen Mobilkran sinkt der CO₂-Ausstoß bei dauerhafter Verwendung von reinem HVO um 74 %* im Vergleich zum Dieselkraftstoff, wenn das gesamte Kranleben einschließlich seiner Produktion berücksichtigt wird – also „Cradle to Grave“, von der Wiege bis ins Grab.
- Keine Umrüstung notwendig
- Gute Verträglichkeit mit allen Motorkomponenten
- HVO kann in jedem Verhältnis mit fossilem Diesel gemischt und bei konventionellen Verbrennungsmotoren verwendet werden
- Deshalb können auch ältere Liebherr-Maschinen im weltweiten Flottenbestand weitgehend klimaneutral mit HVO betrieben werden
- Sehr gute Tieftemperaturbeständigkeit (bis mindestens -20 °C)
- Minderverbrauch von Adblue (ca. -10 %)
- Geringerer Ausstoß von Stickoxiden (ca. -11 %)
- Geringere Rußpartikelemissionen speziell bei Fahrzeugen ohne Dieselpartikelfilter
* Um die maximal mögliche CO₂-Reduktion zu erreichen, muss der Kran dauerhaft mit HVO als Reinkraftstoff betrieben werden. Die CO₂-Einsparung reduziert sich entsprechend bei geringerem HVO-Anteil in der Kraftstoffmischung.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2025.


