
6 Minuten - Magazin 01 | 2025
Abheben in Los Angeles
25 Missionen, 299 Tage im All und unvorstellbare 198 Millionen zurückgelegte Kilometer – die Rede ist von der Raumfähre Endeavour. Nach 20 Jahren im Dienst der US-Raumfahrt beendete das geschichtsträchtige Space-Shuttle 2011 endgültig seine Weltraum-Karriere und begeisterte seitdem im California Science Center, in Los Angeles, über 20 Millionen Besucher aus aller Welt – allerdings in horizontaler Lage.
Liebherr-Krane bringen Space-Shuttle in Startposition
Nun trat die Endeavour ihre voraussichtlich letzte Reise in einen neuen Ausstellungsbereich des Museums an. Auf einer 100.000 Quadratmeter großen Fläche wurde das Exponat im Samuel Oschin Air and Space Center in startbereiter „Liftoff“-Position aufgestellt. Für die Montage aller Komponenten der 20-stöckigen Raumfähre waren mehrere Liebherr-Krane im Einsatz. Die Endeavour ist damit das einzige Space-Shuttle-System der Welt, das in authentischer Startkonfiguration ausgestellt ist.

Hub der Feststoffraketen auf die montierten Heckschürzen.
Komplexer Aufbau-Prozess
Um ein Projekt dieser Größenordnung zu realisieren, war eine präzise Planung im Vorfeld unerlässlich: Mehr als 6.000 Arbeitsstunden, davon 1.400 Stunden für die Planung der Hübe, 20 technische Pläne und gut zwei Jahre Bauvorbereitung benötigte das kalifornische Kran- und Schwerlastunternehmen Bragg Companies bis zur Fertigstellung des kompletten Space-Shuttle-Systems.
Der komplexe Prozess, um die einzelnen Komponenten in Startanordnung zu bringen, dauerte sechs Monate und startete im Juli 2023 mit dem Transport der Heckschürzen von Mojave, Kalifornien, nach Los Angeles. Ab hier übernahm der Liebherr-Raupenkran LR 1750/2, der mit einem Gegengewicht von 665 Tonnen gerüstet war. Bei einer maximalen Ausladung von 46 Metern und 120 Metern Hubhöhe wurden die Heckschürzen an ihre endgültige Position in das sich noch im Bau befindliche Gebäude gesetzt. Für die Hübe des 46 Meter langen Treibstofftanks, der größten Komponente, und der Feststoffraketen stellte Bragg Companies dem LR 1750/2 einen Mobilkran LTM 1160-5.2 als Helfer zur Seite. Sowohl beim Heben und Absetzen der Komponenten bewiesen die beiden Krane Feingefühl und Präzision.
80 Tonnen Geschichte am Haken

Auf Reisen: Die Endeavour auf ihrem spektakulären Transport zum Gebäude des Samuel Oschin Air and Space Center.
Zu guter Letzt wurde das Herzstück eingesetzt: Mit einem Gewicht von 80 Tonnen, 37 Metern Länge und einer Flügelspannweite von 24 Metern war die legendäre Raumfähre das größte zu manövrierende Element. Nach einem schwierigen und spektakulären Transportprozess durch die Straßen von Los Angeles wurde die Endeavour mit Hilfe des LR 1750/2 angehoben, aufgerichtet und schließlich in das neue Gebäude des Samuel Oschin Air and Space Center gehoben. Unterstützt wurde der Raupenkran bei seiner Millimeterarbeit von zwei Liebherr-Mobilkranen: einem LTM 1400-7.1 sowie einem LTM 1160-5.2. Schwierigster Part bei der Zusammensetzung aller Einheiten war die Anbringung des externen Tanks an die Endeavour. Dieser musste mit viel Geschick durch das Gerüst gefädelt werden, ohne mit anderen Teilen in Berührung zu kommen. Außerdem erschwerten die engen Toleranzen der Verbindungspunkte zu den Feststoffraketen-Boostern das Einsetzen. Nach fast vierzehnstündiger Arbeit unter höchster Konzentration war die Endeavour vollständig vom Kran gelöst und final zwischen den zwei Feststoffraketen-Boostern und vor dem externen Treibstofftank platziert und montiert. Mission completed.
Justin Lambert, General Manager bei Bragg Crane & Rigging, ist froh, dass der Orbiter nun endgültig Heimat gefunden hat und äußert sich sehr zufrieden über die Leistung des Liebherr-Raupenkrans: „Die Fähigkeit des LR 1750/2, die Hub- und Schwenkgeschwindigkeit elektronisch zu begrenzen, war aufgrund der extrem engen Toleranzen auf der Baustelle und der sich ändernden Windgeschwindigkeiten von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Hebevorgänge.“ Stolz darauf ein Stück Geschichte bewegt zu haben, ergänzt er: „Wenn man unbezahlbare NASA-Artefakte wie die Endeavour und ihre Komponenten „fliegt“ ist es beruhigend zu wissen, dass man sich auf die Qualität, Effizienz und Genauigkeit eines Liebherr-Produkts verlassen kann.“

20 technische Pläne und über 1.400 Stunden Arbeitsstunden für die perfekte Planung der Hübe.
Dem Wetter zum Trotz
Starker Wind und Regen beeinträchtigten das Team von Bragg Companies bei seiner Arbeit. Denn aufgrund der enormen Dimensionen der Flugkomponenten und der großen Oberflächen war es notwendig die Hebevorgänge bei möglichst minimalen Windverhältnissen durchzuführen. Diese herrschten meist in den frühen Morgenstunden, so dass einige Nachtschichten eingelegt werden mussten, um die komplexen Hübe sicher über die Bühne zu bringen. Allen Herausforderungen zum Trotz, konnte das Projekt erfolgreich, ohne Zwischenfälle und nennenswerte Schäden abgeschlossen werden.

Mit einem Gegengewicht von 665 Tonnen, einer maximalen Ausladung von 46 Metern und 120 Metern Hubhöhe, positioniert der LR 1750/2 historische Komponenten an Ort und Stelle.
Startrampe für Innovationen
Für das California Science Center geht mit dem Einzug des neuen Ausstellungsstücks ein lang gehegter Traum in Erfüllung. „Mit dem Anheben und Absetzen der Endeavour haben wir das allerletzte Space-Shuttle erfolgreich installiert. Ein Traum, der über 20 Jahre geträumt wurde. Und eine enorme Leistung, die noch nie zuvor außerhalb der NASA oder der Air Force durchgeführt wurde“, erklärt Jeffrey Rudolph, Präsident und CEO des California Science Center, begeistert. Der Bau des Samuel Oschin Air and Space Center ist eine bedeutende Erweiterung des Wissenschaftszentrums. Der Bereich soll nach Fertigstellung als Startrampe für Kreativität und Innovation dienen und künftige Generationen von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Forschern inspirieren. Die insgesamt 200.000 Quadratmeter große Erweiterung wird die Ausstellungsfläche des California Science Center nahezu verdoppeln und eine beeindruckende Sammlung an Exponaten und Artefakten beherbergen. Mitte 2025 wird das Museum voraussichtlich fertiggestellt sein und die Tore für Besucher öffnen.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2025.


