3D-Layout der teilautomatisierten  Prototypen-Prozessstation
3D-Layout der teilautomatisierten Prototypen-Prozessstation

Mit fortschreitender Nutzungsdauer treten in Litium-Ionen-Batterien Degradationsprozesse auf, die je nach Batterie und Fahrzeug zu einer deutlichen Einschränkung der Reichweite führen können. Die meisten Fahrzeughersteller garantieren eine Laufzeit von mindestens acht Jahren bzw. 160.000 Kilometern mit mehr als 70 Prozent der ursprünglichen Speicherkapazität (State-of-Health). Einige Fahrzeughersteller erhöhen mittlerweile sogar diese Garantien. Aktuelle Studien und Langzeittests zeigen, dass die Nettokapazität nach der Garantiezeit meist deutlich über den vom Hersteller angegebenen Werten liegen. Auch nach Ablauf der Garantiezeit können die Fahrzeuge mit verminderter Reichweite noch lange genutzt werden. Nach einer anwendungsabhängigen Ladezyklenzahl erreichen Lithium-Ionen-Fahrzeugbatterien irgendwann dennoch einen Zustand, in dem sie den Anforderungen im Auto nicht mehr gerecht werden. Der Großteil dieser Batterien wird recycelt und die Rohmaterialien in den Materialkreislauf zur Herstellung von neuen Batterien zurückgeführt. Abhängig vom Zustand der Batterien werden einige gebrauchte Batterien für eine mögliche Aufbereitung und Wiederverwendung in batterieelektrischen Fahrzeugen (Remanufacturing) oder in Second-Life-Anwendungen, wie stationären Batteriespeichern, in Betracht gezogen. Haben sie endgültig ausgedient, sieht die neue EU-Batterie-Verordnung Recyclingquoten und Mindestmengen an wiederverwendeten Rohstoffen bei der Neuproduktion vor. Für die Rückführung in den Materialkreislauf muss die Industrie möglichst effiziente Lösungen finden, zumal die Rücklaufmengen der Batterien künftig erheblich steigen werden. Ziel ist eine nachhaltige, CO₂-neutrale Batterieproduktion entlang der gesamten Prozesskette mit möglichst unbegrenzter Wiederverwendung von Materialien in einem geschlossenen Produktlebenszyklus. Damit sollen Abfallprodukte und die Abhängigkeit von wichtigen Primärmaterialien minimiert werden.

Hohe Recyclingquoten durch Automation

Aufgrund der verhältnismäßig geringen Stückzahlen und großen Variantenvielfalt diverser Hersteller und Produktgenerationen finden heutzutage viele Demontage- und Remanufacturingprozesse noch manuell statt. „Wir sprechen hier fast von Losgröße 1 im Rücklauf der Batteriepacks“, erklärt Jan Pollmann, Entwicklungsingenieur Automationssysteme bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH. Um eine hohe Recyclingquote zu erzielen und die steigenden Rücklaufmengen wirtschaftlich verarbeiten zu können, ist eine Automation der Prozesse notwendig. Ein weiterer Aspekt ist der Arbeitsschutz: Die automatisierte Demontage gewährleistet die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter und schließt ihre Gefährdung durch Hochspannung, Gefahrenstoffe oder Brandrisiken aus.

Liebherr entwickelt automatisierte Demontageprozesse für Hochvolt-Batteriesysteme

Das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt „ZIRKEL“ untersucht in einem interdisziplinären Konsortium aus Forschung und Industrie die gesamte Kreislaufwirtschaft von Batteriesystemen aus dem Elektromobilitätssektor. Im Rahmen dieses Projekts erarbeitet Liebherr Strategien und Prozesse für die automatisierte Demontage von Hochvolt-Batteriesystemen und erprobt die Automatisierbarkeit an gebrauchten Batteriesystemen. Ziel ist es, durch eine mechanische Demontage und Sortierung der Komponenten einen möglichst hohen Anteil an Rohstoffen rückgewinnen und wiederverwerten zu können.

Indem wertvolle oder schadstoffhaltige Bauteile frühzeitig entfernt werden, reduziert sich die kosten- und energieintensive pyro- und hydrometallurgische Aufbereitung der sogenannten Schwarzmasse, also dem Rohstoffgemisch, das nach der mechanischen Aufbereitung der Batterien übrig bleibt.

Lebenszyklus, Second-Life-Anwendungen,  Remanufacturing und Recycling von  Hochvoltbatteriesystemen
Lebenszyklus, Second-Life-Anwendungen, Remanufacturing und Recycling von Hochvoltbatteriesystemen

Herausforderungen bei der Automation

Neben der Variantenvielfalt der Batterien existiert eine Reihe von weiteren Herausforderungen für einen automatisierten Demontageprozess: Gebrauchte Batteriesysteme können korrodiert, verformt oder beschädigt sein. Verschmutzte Komponenten sind für Visionssysteme teils schwer zu erkennen. Dicht- und Klebemittel oder Wärmeleitpasten lassen sich womöglich nicht rückstandslos oder nur schwer entfernen. Risiken wie Hochvoltspannung oder Gefahrstoffe müssen berücksichtigt werden. Und schließlich ist die Demontage biegeschlaffer Teile wie beispielsweise Kabel oder Kühlschläuche schwierig zu automatisieren. „Im Prinzip läuft hier der etablierte Montageprozess rückwärts ab, ist aber um ein Vielfaches komplexer“, erläutert Viktor Bayrhof, Produktmanager für Automationssysteme bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH.

Wir freuen uns, dass wir unsere Prozessexpertise im Bereich Automatisierung in dieses Zukunftsprojekt einbringen können

Jan Pollmann, Entwicklungsingenieur Automationssysteme

Pilotanlage für das Verbundprojekt „ZIRKEL“

Die erste Pilotanlage für die Demontage von Hochvoltbatteriesystemen von Liebherr wird im November 2023 im Forschungscampus Open Hybrid LabFactory in Wolfsburg installiert. Liebherr wird das Projekt dort weiter betreuen und weitere Versuchsreihen durchführen. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt sollen dazu beitragen, die Gestaltung von Batteriesystemen demontage- und recyclinggerechter ausführen können. „Wir freuen uns, dass wir unsere Prozessexpertise im Bereich Automatisierung in dieses Zukunftsprojekt einbringen können“, erklärt Jan Pollmann.

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