Am Anfang war das Karten-Chaos

Eigentlich sind auf der Baustelle Ordnung und Übersichtlichkeit gefragt. Doch vor etwa 45 Jahren war die Steuerung eines Krans noch alles andere als übersichtlich. Denn damals gab es eine Vielzahl an hydraulischen, elektrischen und elektronischen Steuerungen. Als sich Mitte der 80er die Elektronik im Führerstand immer mehr durchsetzte, hatte das allerdings durchaus analoge Folgen. Steckkarten bestimmten die wichtigsten Arbeitsschritte – und bei jedem neuen Kran mussten neue entwickelt werden. Mit der Zeit gab es rund 100 funktional verschiedene Steckkarten. Ein Raupenkran allein kam auf bis zu 24 dieser Bauteile. Hier den Überblick zu behalten, war eine Kunst für sich. Ab 1985 begann Liebherr daher die Entwicklung einer eigenen Kransteuerung: der „Liebherr Computed Control“, kurz LICCON. Zentral, einfach und praktisch sollte alles werden, ohne Karten-Chaos. Die Lösung: eine flexible Steuerung mit programmierbaren digitalen Steckkarten, die im eigenen Haus problemlos weiterentwickelt werden konnten. Bald steuerten nur noch 20 Steckkarten die ganze Kranpalette. Damit nahm die digitale Entwicklung ihren Lauf.

Erwin Morath, ehemaliger Abteilungsleiter Steuerung
Erwin Morath, ehemaliger Abteilungsleiter Steuerung

Think simple – das LICCON-Prinzip

Bei der Entwicklung einer programmierbaren Steuerung für komplexe Aufgaben gilt bei Liebherr das Prinzip: „Think simple!“ Im Bereich Hardware sollte die LICCON-Steuerung deshalb nur über drei Hauptkomponenten verfügen: eine Zentraleinheit mit austauschbarem Speicher, ein Netzteil mit Speicher und ein Monitor mit Bedienteil. Das war Mitte der 80er-Jahre ein geradezu revolutionärer Gedanke, wenn man bedenkt, dass damals die ersten PCs auf den Markt kamen. Digital-Pioniere bei Liebherr entwickelten zu dieser Zeit bereits ein eigenes Programmiersystem mit einfacher SPS-Umgangssprache. Aufbau und Verwaltung funktionierten nun über eine Stücklisten-Generierung und eine Datenbank. Angebunden an eine kommerzielle EDV konnten Daten nun unkompliziert ausgetauscht werden. Übrig blieben zwei programmierbare Steckkarten und ein Display. Ein vergleichbares System gab es am Markt nicht. „In der Steuerung haben wir Hardwarebausteine integriert, deren Logik wir selbst entworfen und programmiert haben“, erklärt Erwin Morath, damaliger Abteilungsleiter Steuerung bei Liebherr in Ehingen. „Deshalb war LICCON einzigartig und vom Wettbewerb nicht kopierbar.“ Die Serienfertigung begann mit dem LTM 1120, der die neue LICCON-Steuerung auf der Bauma 1989 vorstellte.

Noch komfortablere Bedienung

Mit der Entwicklung neuer Universalsteuergeräte Ende der 90er-Jahre konnten alle Krane mit den gleichen Komponenten standardisiert werden. Diese bildeten auch die Grundlage für die neue Steuerungsgeneration LICCON2, die 2007eingeführt wurde. Damit wurde die Kranbedienung noch komfortabler. Über die neue Bedien- und Anzeigeeinheit BTT ist seitdem die Ausführung vieler Arbeitsvorgänge von außen möglich. Mit BTT wird der Kran einfach und sicher gerüstet: Abstützen, Hakenflasche aushängen und Zusatzausrüstung montieren, das alles ist nun per LICCON-Funkfernbedienung kein Problem. Die einzig limitierenden Faktoren: LICCON2 erreichte nach einiger Zeit Grenzen bei Rechnerleistung und Speicherplatz.

Nikolaus Münch, Abteilungsleiter Steuerung
Nikolaus Münch, Abteilungsleiter Steuerung

Innovation als Dauerzustand

Deshalb wurde bei Liebherr konstant weiterentwickelt und getestet. Das Ergebnis: LICCON 3 – die nächste (R)Evolution der Liebherr-Kransteuerung. Diese basiert auf völlig neuer Software, schnellem Datenbus, deutlich mehr Speicherplatz und hoher Rechenleistung sowie verbesserten Sicherheitstools. Das alles sind Faktoren, die zwar im Hintergrund ablaufen, aber den Arbeitsalltag in der Praxis nachhaltig revolutionieren. „Die Fortschritte in der Mikroelektronik sind immens. Wir bleiben am Ball und entwickeln unsere Krantechnik konstant weiter“, erläutert Nikolaus Münch, Leiter der Abteilung Steuerung der Liebherr-Werk Ehingen GmbH. „Mit LICCON3 liegt nun eine solide wie ausbaufähige technische Plattform vor, auf deren Basis Innovation quasi zum Dauerzustand wird. Dies ist die Grundlage für eine neue Generation von Mobilkranen – die wir mit dem LTM 1100-5.3 sowie dem LTM 1110-5.2 einläuten.“


Die LICCON3-Steuerung hat einen großen Wiedererkennungswert im Vergleich zur vorherigen Kransteuerung, sodass sich Kranführer nach einer sehr kurzen Einarbeitung direkt zurechtfinden.

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