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Digitalisierung mit Augenmaß

Das Thema ist allgegenwärtig: der digitale Wandel mit seinen Chancen und Risiken. Auch die Liebherr-Verzahntechnik GmbH setzt sich intensiv damit auseinander. Michael Messer und Peter Wiedemann, Geschäftsführer für die Bereiche Produktion und Vertrieb, sehen die Digitalisierung als strategische Herausforderung, die mit Augenmaß und Fokus auf den Kundennutzen umgesetzt werden muss.

Wie geht die Liebherr-Verzahntechnik GmbH das Thema Digitalisierung an und wo sehen Sie dafür das größte Potenzial im Unternehmen?

Michael Messer: Wir wollen das Thema in den Bereichen platzieren, in denen wir es am besten voranbringen können. Fragen, die wir uns dahingehend stellen, sind: Wie integrieren wir unsere Produkte in digitale Welten? Welche virtuellen Lösungen setzen wir im Service und in der Kommunikation um? Und inwieweit treiben wir auch in unseren eigenen Unternehmenslandschaften die Idee der Industrie 4.0 voran? Klar ist für uns jedenfalls: Digitalisierung ist kein Selbstzweck und muss zu unserer Philosophie passen. Der Fokus liegt auf dem Kundennutzen.

Peter Wiedemann: Ich sehe viel Potenzial im Bereich Forschung und Entwicklung sowie im After-Sales-Service. Hier setzen wir uns intensiv mit Themen wie Predictive Maintenance und Predictive Service auseinander.

Das gehen wir gezielt und mit sportlichem Ehrgeiz an, bleiben dabei aber auch realistisch. Denn hier sind wir auf Daten angewiesen, die im kooperativen Dialog beim Kunden gesammelt werden.

Stichwort Datenschutz: Wie holen Sie hier die Kunden ins Boot und schaffen Vertrauen?

Peter Wiedemann: Datenschutz ist ein sensibles Thema. Um von digitalen Lösungen zu profitieren, muss man der anderen Seite Einsicht in die eigenen Daten gewähren. Die Akzeptanz dafür ist bei den Kundinnen und Kunden in den letzten Monaten deutlich gewachsen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Remote Services: Die Kunden konnten erleben, wie sie von den schnellen und unkomplizierten Abläufen profitieren.

Hier können wir punkten, weil wir als verlässlicher Partner wahrgenommen werden und die Kunden uns vertrauen – gerade bei komplexeren Themen, die viel Know-how und Erfahrung erfordern.

Michael Messer: Wir liefern hochspezialisierte Lösungen für die individuellen Anforderungen unserer Kunden. Deshalb sind wir immer auf einen intensiven Dialog angewiesen. Das geht weit über das hinaus, was man beispielsweise mit einer standardisierten App anbieten kann.

Formate wie unser Live-Online-Training oder live gestreamte Maschinen Vorabnahmen führen die virtuelle mit der realen Welt zusammen und dienen diesem Zweck viel eher.

Unter dem Motto „Real life meets virtual Tech Arena“ haben die Liebherr Performance Days in Europa, Amerika und in Asien stattgefunden. Wie bewerten Sie den Erfolg der virtuellen Messen?

Peter Wiedemann: In virtuellen Ausstellungsräumen und Videovorträgen mit Chats und Workshops konnten Besucherinnen und Besucher die Technologien der Verzahntechnik und Automation virtuell erleben und interaktiv mit uns agieren. Der Zulauf war hoch: Wir hatten eine vergleichbare Anzahl an Kontakten wie beispielsweise auf der EMO 2019.

Weitere Events sind geplant. Unser Ziel ist, noch mehr Live- und interaktive Formate anzubieten und so unsere Ansprechbarkeit weiter zu verbessern.

Michael Messer: Ein Vorteil der virtuellen Messen ist, dass wir für die Vorstellung unserer neuen Produkte nicht an Messetermine gebunden sind und somit unsere Lösungen den Kunden und Interessenten zeitnah präsentieren können.

Hat sich die Digitalisierung auch auf die Kommunikation ausgewirkt?

Michael Messer: Definitiv! Wir waren sehr reaktionsschnell und effizient bei der Organisation unserer digitalen Strukturen. So blieb unsere Erreichbarkeit, vor allem im Service, auch während der Pandemie durchgehend gewährleistet.

Was allerdings leidet, ist die informelle Kommunikation. Die üblichen und wichtigen „Zwischen Tür und Angel“-Gespräche zwischen Kolleginnen und Kollegen sind im virtuellen Raum noch nicht angekommen.

Peter Wiedemann: Aus Vertriebssicht kann ich das bestätigen. Sicherlich kann hier durch die Nutzung virtueller Möglichkeiten auch zukünftig die eine oder andere Reise entfallen, die bislang mit viel finanziellem und zeitlichem Aufwand verbunden war. Dennoch sehnen sich Beschäftigte, Kunden und Geschäftspartner nach einer sinnvollen Kombination aus persönlichem und virtuellem Kontakt.

Neue Beziehungen und das hierfür notwendige Vertrauen aufzubauen gestaltet sich über rein virtuelle Medien noch äußerst schwierig.

Welches sind die künftigen Herausforderungen der Digitalisierung für die die Liebherr-Verzahntechnik GmbH?

Michael Messer: Die bisherige Entwicklung bestärkt uns darin, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen: lösungsorientiert und nicht an Buzzwords ausgerichtet. Im Grunde hat die Liebherr-Verzahntechnik GmbH viele Themen der Industrie 4.0 schon lange im Fokus. Digitale Informationen über den Maschinenzustand sind bei uns nichts wirklich Neues. Wir überprüfen kontinuierlich das Potenzial für weitergehende digitale Lösungen in unserem Portfolio.

Dadurch sind wir nicht immer die Ersten, die neue Hypes am Markt mitmachen – aber wenn wir etwas aufgreifen, dann setzen wir es nachhaltig um.

Peter Wiedemann: Die Digitalisierung hilft uns dabei, uns einerseits zu fokussieren, flexibilisiert uns andererseits aber auch. Es gilt sorgfältig zu prüfen, wie man das Beste aus beiden Welten in unseren Geschäftsbeziehungen miteinander verbinden kann: Effizienz und persönlichen Austausch.

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