Eine Frage der Chemie

Wasserstoff ist ein ganz besonderer Kraftstoff: Er ist das am häufigsten vorkommende chemische Element im Universum, steckt voller Energie und ist damit ein großer Hoffnungsträger auf dem Weg zur Verringerung der globalen Kohlenstoffemissionen. Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Und genau das tut das Motorentwicklungsteam der Liebherr-Components im schweizerischen Bulle. Am Prüfstand 54 für Diesel- und H₂-Motoren hat das Team um Dr. Bouzid Seba, Head of Combustion Engine Pre-development, sein neuestes Projekt durchgeführt. Es handelt sich um einen Wasserstoffverbrennungsmotor mit H₂-Direkteinblasung, der auf die Testplattform geschraubt und mit einem Gewirr an Kabeln, Strippen und Schläuchen verbunden ist, die unaufhörlich Daten zu Betriebszuständen, Emissionen und Leistungsverhalten an den Leitstand senden.

Überall wo Batterie oder Brennstoffzelle an ihre Grenzen kommen, können Wasserstoffverbrenner die Lösung sein.

Dr. Bouzid Seba, Head of Combustion Engine Pre-development

Aus regenerativen Energiequellen gewonnener Wasserstoff gilt schon lange als ein Hoffnungsträger für eine klimafreundliche, CO₂-neutrale Energieversorgung. „Immer wieder schien der Wasserstoff als unendliche Energiequelle kurz vor dem Durchbruch zu stehen, um dann doch wieder in der Versenkung zu verschwinden“, erklärt Dr. Seba. Mittlerweile habe sich das Blatt aber gewendet und zu einer Neubewertung in der Politik und speziell auch auf dem Baumaschinenmarkt geführt. „Überall wo Batterie oder Brennstoffzelle an ihre Grenzen kommen, können Wasserstoffverbrenner die Lösung sein. Das sind vorrangig die Anwendungen, bei denen der Motor starken Vibrationen ausgesetzt ist oder viel Staub und Schmutz vorkommen. Das sind vor allem mobile Baumaschinen wie der Radlader oder aber auch Heavy-Duty-Nutzfahrzeuge.“ Das Motorentwicklungsteam in Bulle untersucht derzeit verschiedene Einblas- und Verbrennungstechnologien für Wasserstoffverbrennungsmotoren. Dass Liebherr jahrzehntelange Erfahrung mit Diesel- und Gasmotoren hat, kurbelt die Entwicklung an: Mechanik, Kurbelwellen, Lagerung und Turbolader müssen nicht neu erfunden werden – eine Tatsache, die die Zeit vor intensiven Feldtests erheblich verkürzt.

Sichtbar wird dies besonders im jüngsten Ergebnis der Zusammenarbeit der Liebherr Machines Bulle SA mit den Kolleginnen und Kollegen von Liebherr-France SAS in Colmar: dem R 9XX H₂, einem 50-Tonnen-Raupenbagger, ausgestattet mit dem Wasserstoffmotor. Henrik Weitze steht als Projektmanager bei Liebherr-France SAS seit vielen Jahren im intensiven Austausch mit dem Team von Dr. Seba. Weitze sieht den für den R 9XX H₂ neu konzipierten Wasserstoffverbrennungsmotor prädestiniert für den Baustelleneinsatz bei extremen Temperaturen, Schocks sowie bei besonders staubintensiven Arbeiten im Erdbau oder Steinbruch. „Wie alle unsere Raupenbagger erfüllt der R 9XX H₂ mit seinem alternativen Antrieb auch unter Extrembedingungen höchste Qualitätsstandards“, so Weitze. Vor diesem Hintergrund hat das Ingenieurteam in Colmar die Maschine auf Basis der neuesten, zukunftsorientierten Raupenbagger-Generation 8 entwickelt. „Die Gesamtleistungen stehen der Version mit Dieselmotor in nichts nach, und zwar sowohl in Bezug auf die abgegebene Leistung, als auch auf die Motordynamik und das Ansprechverhalten des Motors bei dynamischen Lastwechseln“, erklärt Henrik Weitze. Unterschiede gebe es lediglich beim Betanken der Maschinen: Dass dies schnell und sicher funktioniert, dafür sorgt eine spezielle Infrarotkommunikation zwischen dem Bagger und der Tankstelle.

Der in Bulle für den R 9XX H₂ entwickelte Wasserstoffverbrennungsmotor basiert auf der sogenannten Saugrohr-Einblasungstechnologie, kurz PFI. „Die Wasserstoffeinblasung ist eine wesentliche Anforderung an die Heavy-Duty-Verbrennungsmotoren“, erklärt Dr. Seba. „Um die Leistung eines H₂-Motors an die eines Dieselmotors anzugleichen, muss das System in der Lage sein, die verschiedenen Anforderungen in Bezug auf Durchfluss und Einspritzgenauigkeit zu erfüllen. Aufgrund der geringen Dichte des Wasserstoffgases sind dafür große Ventilquerschnitte im Injektor notwendig. Hierzu konnten wir verschiedene Komponenten zur Regelung von Druck und Durchfluss kombinieren.“

Wie alle unsere Raupenbagger erfüllt der R 9XX H₂ mit seinem alternativen Antrieb auch unter Extrembedingungen höchste Qualitätsstandards.

Henrik Weitze, Projektmanager

Der in Bulle für den R 9XX H₂ entwickelte Wasserstoffverbrennungsmotor basiert auf der sogenannten Saugrohr-Einblasungstechnologie, kurz PFI. „Die Wasserstoffeinblasung ist eine wesentliche Anforderung an die Heavy-Duty-Verbrennungsmotoren“, erklärt Dr. Seba. „Um die Leistung eines H₂-Motors an die eines Dieselmotors anzugleichen, muss das System in der Lage sein, die verschiedenen Anforderungen in Bezug auf Durchfluss und Einspritzgenauigkeit zu erfüllen. Aufgrund der geringen Dichte des Wasserstoffgases sind dafür große Ventilquerschnitte im Injektor notwendig. Hierzu konnten wir verschiedene Komponenten zur Regelung von Druck und Durchfluss kombinieren.“

Henrik Weitze (links) und Dr. Bouzid Seba (rechts)
Henrik Weitze (links) und Dr. Bouzid Seba (rechts)

Nach der Saugrohreinblasung soll nun die von Liebherr entwickelte H₂-Direkteinblasung auf das Leistungsvermögen von besonders dynamischen Heavy-Duty-Anwendungen untersucht werden. „Während unserer Tests wollen wir große Mengen an Eingangsdaten aus den Betriebsbedingungen des Wasserstoffmotors sammeln“, erklärt Dr. Seba. Auf vier Monitoren kann das Entwicklungsteam die Arbeit des Motors in Echtzeit verfolgen und gleichzeitig Anpassungen und Optimierungen vornehmen. Dank der Digitalisierung ist das Entwicklungstempo heute deutlich höher als noch vor einigen Jahren. „Bevor der Motor überhaupt auf dem Prüfstand ist, können wir über Simulationen vorab viele Betriebszustände checken und deren Auswirkungen gleich in die Motorarchitektur einbeziehen.“

Henrik Weitze sieht Liebherr mit der Entwicklung von Wasserstoffmotoren auf einem guten Weg, um einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Die Richtung gibt dem Entwicklungsteam nicht zuletzt auch der „Green Deal“ vor, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will. Schon 2030 sollen die CO₂-Emissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesunken sein. „Das ist sportlich, aber machbar“, ist Weitze überzeugt. Bis dahin heißt es, bei diesem Zukunftsprojekt ausdauernd zu bleiben und nie das Ziel aus den Augen zu verlieren. Auch dann nicht, wenn’s unterwegs einmal hart wird. Das Entwicklungsteam in Bulle prognostiziert, dass der Wasserstoffmotor bis 2025 in Serienproduktion sein wird.

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