Vom Computerspiel zur Baustelle

Mal selbst in einen Kran steigen und eine schwere Last heben, das wäre schon was. Bisher hat sich jedoch bei Sebastian Knapp dafür noch keine Gelegenheit ergeben. Dabei kann man den 31-Jährigen mit Fug und Recht als ausgewiesenen Kranexperten bezeichnen. Seit 2015 hat er schon unzählige Krane aufgebaut, auf allen erdenklichen Baustellen bewegt und endlos viele Hübe, oft in rekordverdächtiger Dimension, hinter sich gebracht. Sebastian Knapp ist Software-Entwickler bei der weltenbauer. Software Entwicklung GmbH in Wiesbaden und seit 2015 schwerpunktmäßig mit dem Crane Planner von Liebherr beschäftigt, der jetzt in der neuesten Version Crane Planner 2.0 an den Start gegangen ist.

„Mit Hilfe von neuester 3D-Echtzeit-Computergrafik unterstützt das Programm die Nutzer, den für sie richtigen Kran für den richtigen Hub zu finden und diesen gleich auf der Baustelle so einzurichten, dass er optimal arbeiten kann“, erklärt der Software-Entwickler. Darüber hinaus könne der Crane Planner im Ergebnis der Konfiguration Reports erstellen mit den jeweiligen Maschinendaten, den entsprechenden technischen Zeichnungen und den beim Einrichten gemachten Kommentaren und Anmerkungen dazu.

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2015 begann die Reise des Crane Planner

Sebastian Knapps Counterpart sitzt rund 450 Kilometer weiter südlich im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Christoph Mai ist Product Manager Crane Planner der Liebherr-Werk Nenzing GmbH, wo vor allem Raupenkrane mit Multi-Purpose-Anwendungen, Hydroseilbagger sowie Ramm- und Bohrgeräte für den Spezialtiefbau entwickelt, produziert und vertrieben werden. Als Systemanbieter hat Liebherr neben solchen Maschinen auch diverse Dienstleistungen und Servicelösungen im Portfolio, um die Prozesse auf der Baustelle zu erleichtern. Eines dieser Instrumente ist seit 2015 der Crane Planner, ein von Liebherr mit weltenbauer. entwickeltes Hub-Planungstool. Christoph Mai hat dessen Entwicklung von Anfang an mitbegleitet und mitgestaltet. „Wir wollen unseren Kunden, die vor allem aus dem Bereich Kranvermietung kommen, eine Planungshilfe an die Hand geben, die ganz auf ihre Bedürfnisse und Anforderungen abgestimmt ist“, sagt Christoph Mai. Dafür biete ihnen der Crane Planner 2.0 mit über 30 Krantypen rund 1,6 Millionen Konfigurationsmöglichkeiten.

Der Clou ist die einzigartige Kombination aus einer attraktiven, dreidimensionalen Benutzeroberfläche mit den exakten Maschinendaten der Lastmomentbegrenzung (LML / LICCON). Alle angezeigten Daten werden nach exakt der gleichen Berechnungslogik ermittelt wie die Live-Daten der realen Mobil- und Raupenkrane.

„Dabei werden wichtige Kennzahlen wie Bodendrücke, Bodenkraft, Lasten und Schwerpunkte ermittelt. Bei jeder Änderung von Konfiguration, Last oder Geometrie wird eine neue Berechnung durchgeführt“, erklärt Christoph Mai. „Damit stellen wir unseren Kunden einen generischen Baukasten zur Verfügung, der alle Rüst- und Betriebsparameter enthält“ und der sie weiter fit macht für das Zeitalter des Building Information Modeling (BIM). In diesem ganzheitlichen Prozess zum Erstellen und Verwalten von Informationen für ein Bauobjekt integriert BIM strukturierte, multidisziplinäre Daten, um eine digitale Darstellung eines Objekts über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu erstellen – von der Planung über den Entwurf bis hin zum Bau und Betrieb.

Das klingt nicht nur komplex, sondern ist es auch. Damit daraus für den Anwender aber keine Ingenieurswissenschaft wird, arbeitet Liebherr schon seit den Anfangstagen des Crane Planner mit den Digitalexperten von weltenbauer. zusammen. Die Software-Entwickler aus Wiesbaden bringen Computerspiele, 3D-Industrie-Anwendungen und digitale Lösungen für unterschiedliche Plattformen und Umgebungen zusammen. „Wir erstellen Software für Mobile Devices, Desktop-Systeme, Next-Gen-Konsolen und Mixed Reality Umgebungen und wissen, wie man virtuelle Welten baut“, erklärt Christian Rathemacher. Der 38-Jährige ist seit 2011 in der Geschäftsführung von weltenbauer. und kennt den Crane Planner seit dessen Anfängen. Begonnen habe man damals mit einem Bausimulator aus dem Computerspielebereich. „Dann haben wir uns gemeinsam mit Liebherr immer mehr in den Crane Planner reingefuchst. Es ist unheimlich spannend zu sehen, wie weit man eine Maschine im digitalen Raum an ihre Limits bringen und damit all ihre Potenziale ausschöpfen kann. Und das bei maximaler Sicherheit.“

Hätten Sie es gewusst?

30 Liebherr-Mobilkrane, -Raupenkrane und -Seilbagger sind aktuell im Crane Planner enthalten.

Das Computerspiel Construction Simulator hat den Grundstein für den Crane Planner gelegt.

Die Engineering-Matters-Podcast-Episode "How to plan a lift" gibt spannende Einblicke in das Arbeiten mit dem Crane Planner.

Die Crane Planner 2.0 Tutorials laden online zum Entdecken ein.

Auch Studierende lernen mit dem Crane Planner: mehr dazu im Interview mit Frank Will von der TU Dresden am Ende dieser Story.

Komplexität kinderleicht erfahrbar gemacht

Im Crane Planner 2.0 sieht das alles kinderleicht aus. Ein paar Mausklicks und schon entsteht am Bildschirm ein stattlicher Kran, der sich beliebig bewegen und in eine selbst konstruierte Baustellensituation integrieren lässt. Sämtliche Aktionen, die er dabei ausführt, werden detailliert mit Konstruktions- und Lastdaten angezeigt – alles in höchster Präzision. „Wir bringen die technische Welt mit der Spielewelt zusammen“, sagt Sebastian Knapp. „Der Crane Planner soll nicht nur exakte Informationen liefern, es soll auch Spaß machen, damit einen Kran zu planen und dessen Einsatzbereiche auf konkreten Baustellen auszuprobieren.“

Typische Anwendungsfelder sind anspruchsvolle Hübe im urbanen Bereich. Zum Beispiel in der Hamburger Speicherstadt. Die hanseatischen Kaufleute und Städtebauer hatten im Mittelalter keinen Einsatz von großen Mobilkranen für Baumaßnahmen vorhersehen können. Entsprechend gering bemessen ist dafür auch heute der Platz. Um einen 300 Tonnen Mobilkran hier gut, sicher und kollisionsfrei zum Einsatz bringen zu können, wird die Planung schnell zur Millimeterarbeit. „Im Crane Planner 2.0 können wir für solche Fälle alle Kran- und Umgebungsdaten zusammenführen und das System warnt direkt mit roten Kollisionsmarkern, wenn es an einer Ecke brenzlig werden könnte. So kann der perfekte Hub in diesem sehr speziellen und herausfordernden Umfeld sicher gelingen“, sagt Christoph Mai stolz.

In der goldenen Mitte

Um leicht bedienbar zu sein, sind die 3D-Darstellungen optimiert. So viel Information wie nötig, so wenig wie möglich, damit das Gesamtbild verständlich und intuitiv gestaltbar wird. Gleichzeitig müssen die Informationen aber auch so präzise sein, dass sicherheitsrelevante Informationen keinesfalls verloren gehen. „Es geht uns um einen guten Mittelweg zwischen reduzierten und essenziell wichtigen Daten“, erklärt Sebastian Knapp. Oberste Priorität hat bei allem die Sicherheit. Die weltenbauer.-Software-Entwickler arbeiten in allen Entwicklungsschritten grundsätzlich nach dem Vier-Augenprinzip, damit kein sicherheitsrelevantes Detail übersehen wird. Über diesem Ergebnis sitzen dann auch noch die Liebherr-Experten und checken penibel alle Maschinendaten. „Mit diesem ganzheitlichen, iterativen Konzept heben wir die digitale Konfiguration von Raupen- und Mobilkranen sowie von Hydroseilbaggern auf ein neues Niveau“, freut sich Christoph Mai. Die Spiele- und 3D-Computergrafik-Entwickler in Wiesbaden teilen diese Begeisterung ohne Wenn und Aber. „Derzeit arbeiten wir mit zwei Updates für den Crane Planner pro Jahr“, sagt Christian Rathemacher. „Wir können und wollen aber gerne noch schneller und kurzfristiger auf neue Kundenanforderungen eingehen, damit die Krane und ihre Nutzer auf den Baustellen dieser Welt jederzeit all ihre Potenziale ausschöpfen können.“

Software-Entwickler Sebastian Knapp ist dabei gerne mit von der Partie: „Sich virtuell schon auf einer in Zukunft geplanten Baustelle bewegen und seine Maschinen dazu optimal dimensionieren und positionieren zu können, ist ein guter Weg. Und es geht immer weiter mit immer neuen Herausforderungen und Möglichkeiten – eine ‚never-ending story‘“. Dabei leuchten die Augen von Sebastian Knapp – deswegen braucht er gar nicht mal selbst auf einen Kran zu steigen.

Der Crane Planner 2.0 macht Schule: das Interview

Nachgefragt bei Professor Frank Will, Inhaber der Professur für Baumaschinen an der Fakultät Maschinenwesen der Technischen Universität Dresden.

Herr Professor Will, wie sind Sie und Ihr Lehrstuhl auf den Crane Planner aufmerksam geworden?

Christoph Mai vom Liebherr-Werk Nenzing hatte vor etwa zwei Jahren bei der von meiner Professur veranstalteten Fachtagung Baumaschinentechnik in Dresden einen Vortrag gehalten und die Idee vom Crane Planner vorgestellt. Das war sehr interessant, so dass wir den Gesprächsfaden mit Herrn Mai aufgenommen haben.

Wie beurteilen Sie das dreidimensionale Planungstool?

In der Rundumsicht lässt sich die realitätsnahe Einsatzplanung eines Kranes gut erkennen. Die Umgebung, also die Gebäude, andere Maschinen, Personenzugangsbereiche und mehr, lässt sich in 3D für den jeweiligen Anwendungsfall wesentlich klarer und verständlicher darstellen. Das erleichtert die Planung und auch ein mögliches Training spezieller Einsatzszenarien. Ich denke da beispielsweise an das Testen von Bewegungsbahnen, Umfahren von Hindernissen oder das Erkennen kritischer Situationen. Auch die intuitive Bedienung ist bei einem 3D-Tool deutlich besser zu erreichen als in einer 2D-Version.

Wie schätzen Sie die spielerische Annäherung des Crane Planner 2.0 an die Kranphysik ein?

Die dreidimensionale, realitätsnahe Darstellung und deren „spielerische“ Nutzung haben mehrere Vorteile: Sie erleichtern das Verständnis von Aufbau und Funktionsweise von Kransystemen. Auch die physikalischen Zusammenhänge werden intuitiv klar, etwa durch direkte Anzeige der Bodendrücke bei Bewegung des Auslegers. Dann kann man mit dem Crane Planner Situationen ausprobieren, die man in der Realität besser nicht ausprobiert. Zum Beispiel beim Betrieb in Grenzbereichen, wo der Anwender ein direktes, visuelles Feedback erhält. Und nicht zuletzt führt der „Spaßfaktor“ dazu, dass man sich intensiver mit dem Thema beschäftigt – mehr als man „muss“, mit entsprechendem Zugewinn an Verständnis.

Wie setzen Sie den Crane Planner selbst an Ihrem Lehrstuhl ein?

Wir bereiten gerade eine Studienarbeit vor, die sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von IT-Tools für die Einsatzplanung von Mobil- und Turmkranen beschäftigen soll – dabei wird der Crane Planner das wesentliche betrachtete Tool sein. Darüber hinaus wollen wir hier in Dresden in der Vorlesung „Baumaschinentechnik“, an der jedes Jahr 60 bis 80 Studierende des Maschinenbaus und der Mechatronik teilnehmen, das Tool nutzen, um in einem Vorlesungskapitel folgende Punkte zu erläutern:

  • Aufbau, Komponenten und Funktionsweise verschiedener Kranbauarten
  • Welche Situationen und Fragestellungen müssen bei einer Kraneinsatzplanung berücksichtigt werden (Aufstellflächen, Bodenbedingungen, Transportwege, Montage/Demontage, Arbeitsräume, Kollisionen)?
  • Was sind die wesentlichen Informationen (Mehrwert), die ein IT-Tool bieten kann?
  • Welches sind die Vorteile (und ggf. Nachteile) der toolgestützten Planung gegenüber der bisherigen Planung?

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