Mobil- und Raupenkrane

7 Minuten - Magazin 01 | 2025

Ganz schön wilde Zeiten

Heute sind es Sanktionen gegen Russland, die direkte Kranüberführungen von Ehingen nach Zentralasien verhindern. Marode Brücken verlangen unnötige Umwege beim Transport durch Europa. Bürokratie und Zeitaufwand bei der Beantragung von Transportgenehmigungen erschweren Kranüberführungen.

Früher war alles besser? Sicherlich nicht. Nur anders. Wir haben unseren ehemaligen Versandleiter Bruno Seele, Firmengründer Josef Gerber vom gleichnamigen Überführungsunternehmen und Fahrer Heinz Zobel erzählen lassen – von Krantransporten in den Irak, nach Mauretanien sowie durch die ehemalige Sowjetunion. Einige Anekdoten haben wir für Sie festgehalten:

Abenteuer ins Ungewisse

Bruno Seele (links im Bild neben Josef Gerber): „Bei der Überführung unserer Mobilkrane handelt es sich damals wie heute überwiegend um Großraum- und Schwertransporte mit unterschiedlichsten Herausforderungen: abhängig von Transitländern, Bestimmungort, jahreszeitlichen Einflüssen, Infrastrukturgegebenheiten und einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften bis hin zu politischen Einflüssen. Es sind keine Transporte von der Stange, sondern oftmals Fahrten die sich wie ein großes Abenteuer anfühlen, dessen Drehbuch erst im Nachhinein fertig geschrieben werden kann.“

Nie den Tank leerfahren!

Josef Gerber: „Ein Kunde hatte im mauretanischen Hafen Nouadhibou schlechte Erfahrungen gemacht – der Kran war beim Hub vom Schiff in die Quai-Mauer gefallen. Ein zweites Mal wollte er dies nicht riskieren. Die alternative Route von 3.700 Kilometern auf dem Landweg führte den nachfolgenden Transport von Casablanca durch die Sahara und die Sahelzone zu einer Mine in Mauretanien. Dafür haben wir 3.500 Liter Diesel gebraucht. Das Problem: Tankstellen waren rar und teilweise gab es keinen Diesel. Ob nach Mauretanien oder zu anderen exotischen Destinationen: Wir hatten immer zusätzliche 80-Liter-Kanister dabei und haben – wo immer es ging – den Kran randvoll getankt.“

Eat my dust

Josef Gerber: „Beim Grenzübergang von der Westsahara nach Mauretanien war die Straße von Sand bedeckt. Damit ich die richtigen Fahrspuren erwische, habe ich mich hinter zwei Lkws gehängt. 80 Kilometer ging das so. Wenn man dort mit dem Kran fährt, dann sieht der nachkommende Verkehr gar nichts. Unterschreitet man dabei auch noch eine gewisse Geschwindigkeit, dann sieht man auch selbst nichts mehr, weil einen der Wüstenstaub überholt.“

Gute Beziehungen

Josef Gerber: „Die Transitabfertigung am Zoll hat je nach Land gerne auch mal zwei bis drei Tage gedauert. Das ist für die Fahrer so schon zäh – aber dann auch noch in der Hitze zu stehen macht die Situation nicht erträglicher. Meistens ging die Fahrt zwar nach einem halben Tag weiter – aber wenn den Grenzbeamten aus heiterem Himmel einfiel, dass ein neues Formular eingeführt wurde, von dem wir nichts wussten, dann ging der Spuk los. Gute Beziehungen waren auch hier über Jahre wichtig und haben die Prozesse beschleunigt.“

Besser in der Gruppe reisen

Josef Gerber: „Die Rückreise von Mauretanien nach Deutschland war nur weniger aufwändig als der Krantransport selbst. Da die Terrorismusgefahr im Land groß und die Buchung eines Fluges von Nouakchott mit großen Schwierigkeiten verbunden war, bin ich nicht alleine nach Deutschland zurückgeflogen. Sicherer war es, mit dem Begleitfahrzeug und den marokkanischen Lkw-Fahrern, die die örtlichen Begebenheiten kannten, und zuerst nach Marokko zurückzureisen. Erst dort bin ich in den Flieger nach Hause gestiegen.“

Carpe Diem

Heinz Zobel: „Begrenzungsposten sind in der Wüste Fehlanzeige. Tiere laufen frei durch die Wildbahn, Fuhrwerke und Fußgänger sind ohne Beleuchtung unterwegs. Daher sind wir nur tagsüber gefahren. Auf einer Strecke haben wir einmal 44 tote Esel gezählt.“

Heizung für den Diesel

Josef Gerber: „Ob auf den Alpenpässe nach Italien oder durch die Karpaten – wir waren oftmals bei winterlichen Verhältnissen unterwegs. Insgesamt 16 Krane sollten während des Kalten Krieges mit einer Sondergenehmigung nach Sibirien gehen, um Gasleitungen zu bauen. Damit die Krane bei bis zu -40° funktionieren und arbeiten können, wurden die Treibstoffleitungen mit Drähten erwärmt, damit der Motor starten kann. Problematischer war es mit den Reifen: Die geländegängigen Krane hatten eine Stollenbereifung, die für Dauergeschwindigkeiten nicht ausgelegt war. Zwischen Göttingen und Hamburg war die Strecke eben und man konnte konstant mit 70–80 km/h fahren. Dadurch hat sich nach langer Fahrt die äußere Manteldecke der Spezialreifen von der inneren gelöst.“

Bruno Seele: „Unser Kundendienst hat daraufhin schnell reagiert. Über Nacht haben wir dem Konvoi per Lkw Ersatzreifen zukommen lassen. Parallel haben wir mit dem Reifenhersteller eine Lösung gefunden: regelmäßige Pausen für die Krane auf dem Weg zum Hafen, damit sich die Reifen abkühlen können. Trotz dieser Herausforderungen kamen die Krane pünktlich aufs Schiff.“

Niet- und nagelfest

Heinz Zobel: „Die Krankabinen waren ein besonders schützenswerter Teil der Krane. Beim Transport auf den russischen Bahntrassen waren oft Äste im Weg, die dann gerne mal gegen die Scheibe geschlagen sind. Damit nichts zu Bruch ging, wurden die Kabinen mit einer Holzverkleidung geschützt – inklusive Guckloch, um den Kran beispielsweise an Bord des Transportschiffes zu fahren. Die Verkleidung hatte den zusätzlichen Vorteil, dass sie gut gegen Diebstahl schützte – beliebt waren in vielen Ländern Seitenspiegel und Lichter, uns wurde sogar auch mal eine ganze Achse geklaut.“

Mit Händen und Füßen

Heinz Zobel: „Irgendwann kommt man auch mit Englisch nicht mehr weiter. Wir verständigten uns in solchen Situationen mit Händen und Füßen und irgendwie klappte es dann immer. Und man durfte sich nicht gleich abwimmeln lassen, wenn es schwierig wurde. Wie bei so vielen Herausforderungen ,on the road‘ galt es auch in der Kommunikation Ruhe zu bewahren.“

Bruno Seele: „Was ebenfalls bei Problemen half, waren die guten Verbindungen ins jeweilige Land – seien es die Kunden selbst, unsere weltweiten Servicegesellschaften oder international operierende Dienstleister, die uns mit ihren Niederlassungen vor Ort und lokalem Personal zur Seite standen.“

Immer flüssig bleiben

Josef Gerber: „Fast überall wohin wir Krane überführt haben, hatten wir immer ausreichend Geld in Landeswährung dabei – sonst kam man nicht weit. Eine Ausnahme war der Irak, dort musste man alles in Dollar bezahlen. Besonders nervenaufreibend war ein Rücktransport von zwölf Kranen aus Odessa nach Deutschland: Die Transitkosten in Bulgarien – also die Kaution dafür, dass die Krane das Land nach der Durchreise auch wieder verlassen – mussten in bar bezahlt bzw. hinterlegt werden. Um möglichst unauffällig zu bleiben, nähte meine Frau Marianne einen sechsstelligen DM-Betrag in das Anorak-Futter ein – ein filmreifes Abenteuer.“

Jedesmal ein Abenteuer

Bruno Seele: „Seit ich 1976 im Versand bei Liebherr angefangen habe, war es mir immer wichtig, verlässliche Partner zu haben und mit international ausgerichteten Dienstleistern zusammenzuarbeiten, die vor Ort vertreten waren. Der direkte Kontakt stand immer im Vordergrund: Ich wollte nicht nur mit einem Vertreter aus Stuttgart oder Frankfurt sprechen, sondern beispielsweise auch mit den Leuten aus Bagdad. Das hat mir ein Gespür für die Herausforderungen und lokalen Besonderheiten auf dem jeweiligen Transportweg gegeben. Ein gutes Gespür, mit dem ich die richtigen Entscheidungen treffen konnte.“

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2025.

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